Künstlerisches Handeln in Zeiten globaler Umbrüche
Die Welt von heute scheint aus den Fugen geraten. Sie ist durch große Unsicherheit, Unübersichtlichkeit und Fragilität, Krieg und Flucht, Terror und Gewalt geprägt. Damit ist die Entwicklung unserer zukünftigen Lebenswelten wieder zu einem bedeutsamen Schwerpunkt in der Kunst geworden. Auch die Erkenntnisse und Prognosen der Techniksoziologie und der Zukunftsphilosophie werden zunehmend als Gegenstand der Kunst entdeckt. Die bildende Kunst, das Theater, die Literatur und der Film reagieren darauf auf unterschiedliche Art und Weise. Mich beschäftigt die Frage, wie kann sich der Künstler, der ja Teil dieser Entwicklungen ist, den sich daraus ergebenden existentiellen Herausforderungen sinnvoll nähern? In diesem Zusammenhang möchte ich meine Bilder aus der Zeit um 5 nach 12 in lockerer Folge vorstellen. Texte zu den globalen Auswirkungen des westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems ergänzen diese bildlichen Darstellungen. Über Reaktionen von Künstlern, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen, würde ich mich freuen.
Am 15. Januar 2017 ging in der Akademie
der Künste Berlin eine hochinteressante Ausstellung mit dem Titel
Uncertain States - Künstlerisches Handeln in Ausnahmezuständen
zu Ende.
Akademie der Künste Berlin mit Werbebanner zur Ausstellung
Die Ausstellung wurde flankiert von
Veranstaltungsreihen zum Film, zum Theater, zur Literatur und Musik.
Künstler, Wissenschaftler und Aktivisten diskutierten Themen wie
Migration, Exil, Asylpolitik, Feindbilder, Rechtspopulismus und
Rassismus oder die Zukunft der Demokratie.
Damit war Uncertain Stateseine
große Veranstaltungsreihe in der Akademie der Künste, die der Frage
nachging, was Kunst in Umbruchsituationen antreibt.
Die Akademie wollte Stellung beziehen
zum unsicheren Zustand einer Welt, in der sich Länder, Grenzen,
Identitäten auflösen und neu bilden, mit Folgen, die für viele
Menschen auch tödlich sein können. Dazu will die Kunst nicht
schweigen.
Eingangsbereich der Akademie
Werke von 31 Künstlern werden
präsentiert, aus Syrien, dem Iran, Palästina, aus Griechenland, der
Türkei, Korea, Algerien, der Ukraine und weiteren Nationen. Einen
gewichtigen Beitrag leisten die Archivbestände der Akademie.
Sehr zu empfehlen ist ein
Video-Rundgang mit Johannes Odenthal, Programmbeauftragter der
Akademie der Künste, durch Uncertain States – Künstlerisches
Handeln in Ausnahmezuständen.
Video:
7:18 English
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Die Vergangenheit dient in dieser
Schau dem Verständnis der Gegenwart.
In Glasvitrinen sind unter anderem ein
Revolver von Kurt Tucholsky und die Reisepässe von Bruno
Taut, Helene Weigel und Walter Benjamin zu sehen.
Leider war das Fotografieren in der
Ausstellung wieder einmal nicht erlaubt, so dass ich nur einige
Beispiele beschreiben kann.
Nichts gibt mehr Halt
In William Forsythes Installation The
Fact of Matterverliert
der Besucher selbst den Boden unter den Füßen. Unzählige
Plastikringe baumeln auf einem mehrere Meter großem Feld von der
Decke. Man soll versuchen, in die Ringe zu steigen und sich durch den
Raum zu hangeln, ohne den Boden zu berühren. Unmöglich ist das,
alles schwankt, nichts gibt mehr Halt.
Dieses Gefühl zieht sich durch alle
Arbeiten dieser Schau.
Ausstellungsfilm: William Forsythe. The
Fact of Matter 6:17
With subtitles in English
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Hoola-Hoop aus Stacheldraht
Eine brutale Interpretation war in dem
Video Barbed Hulavon
Sigalit Landau zu sehen.
Ein Hula-Hoop-Reifen aus Stacheldraht kreiste dort unendlich langsam
um die Taille der nackten Künstlerin. Er gräbt sich ins Fleisch wie
ein Grenzzaun in die Haut eines Fliehenden. Der Anblick ist nur
schwer zu ertragen, doch der Besucher kann sich dem nicht entziehen.
First Shot
Der Künstler Nasan Tur hat in der
Videoinstallation First Shot aufgezeichnet, wie zehn Menschen zwischen 18 und 80 Jahren ihren
ersten Schuss abgeben. Eine ältere Frau mit grauem Haar hält die
Waffe mit zittrigen Händen. Eine andere, jüngere Frau, die Augen
starr geradeaus gerichtet, lächelt, als die Kugel die Pistole in
ihren Händen verlässt. Jeder reagiert hier anders auf die Waffe und
die abgefeuerte Gewalt.
Zum Schluss möchte ich noch einmal auf
den „Erfahrungsraum der Dinge“ zurückkommen , der anhand von
ausgewählten Biografien und Gegenständen aus den Archiven der
Akademie der Künste gebildet wurde. Die Erfahrungen von Künstlern
im Nationalsozialismus werden in Beziehung gesetzt zu aktuellen
Flucht- und Migrationsbewegungen. So entsteht ein Dialog zwischen
historischer Erfahrung von Flucht und Exil und Stellungnahmen
zeitgenössischer Kunst. Oft wird beides miteinander verwoben.
Gezeigt wurde auch der Taschenkalender
von Heinrich Mann mit einer aufgeschlagenen Seite aus dem Jahr 1933.
„Konzert“ lautet sein Eintrag am Sonntag. Nur zwei Tage später
heißt es „Abgereist“