Privater Kunstblog zum Thema:

Künstlerisches Handeln in Zeiten globaler Umbrüche


Die Welt von heute scheint aus den Fugen geraten. Sie ist durch große Unsicherheit, Unübersichtlichkeit und Fragilität, Krieg und Flucht, Terror und Gewalt geprägt. Damit ist die Entwicklung unserer zukünftigen Lebenswelten wieder zu einem bedeutsamen Schwerpunkt in der Kunst geworden. Auch die Erkenntnisse und Prognosen der Techniksoziologie und der Zukunftsphilosophie werden zunehmend als Gegenstand der Kunst entdeckt. Die bildende Kunst, das Theater, die Literatur und der Film reagieren darauf auf unterschiedliche Art und Weise. Mich beschäftigt die Frage, wie kann sich der Künstler, der ja Teil dieser Entwicklungen ist, den sich daraus ergebenden existentiellen Herausforderungen sinnvoll nähern? In diesem Zusammenhang möchte ich meine Bilder aus der Zeit um 5 nach 12 in lockerer Folge vorstellen. Texte zu den globalen Auswirkungen des westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems ergänzen diese bildlichen Darstellungen. Über Reaktionen von Künstlern, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen, würde ich mich freuen.


Montag, 19. August 2019

Bäume im Museum

ZeitBild | Nr. 3


Bäume im Museum
ZeitBild | Nr. 3
Nationalgalerie wird vor Sanierung zum Wald.
Bevor die Neue Nationalgalerie Berlin für Sanierungsarbeiten geschlossen wurde, hat Stararchitekt David Chipperfield 144 Baumstämme in die große Glashalle des berühmten Mies-van-der-Rohe-Baus gesetzt.
Sticks and Stones nennt Chipperfield seine Installation.
Foto: Fred Tille

Wenn Wald zerstört wird | Zwei Beispiele:
Amazonas-Regenwald | Brasilien


Wenn Wald zerstört oder auch nur in seiner Zusammensetzung verändert wird, dann ist das ein ziemlich verheerender Eingriff in ein natürliches System mit vielen Auswirkungen, auch auf das Klima.

So ist der Amazonas-Regenwald mit einer Fläche von 5,5 Millionen Quadratkilometern ein gewaltiger Kohlenstoffspeicher. Ihn zu erhalten, ist unerlässlich, wenn die Klimakrise nicht weiter verschärft werden soll.

Mehr als zwei Drittel des Amazonas-Regenwaldes liegen in Brasilien und seit Bolsonaro in Brasilien an der Macht ist, wird dort immer mehr Wald abgeholzt.
Der größte Regenwald der Erde ist in akuter Gefahr.


Hambacher Forst | Deutschland


Ein anderes Beispiel aus Deutschland. Für den größten europäischen Braunkohletagebau Hambach zwischen Aachen und Köln wurde der früher einmal 4100 Hektar große Wald mit jahrhundertealten Buchen und Eichen im Laufe der Jahre bis auf 200 Hektar abgeholzt. Der Energiekonzern RWE wollte Anfang Oktober 2018 eigentlich noch gut hundert von den verbliebenen 200 Hektar des Waldes für seinen Braunkohletagebau abholzen. 

Gegen die Rodung hatten Klimaaktivisten über Jahre mit ihrer Wald-Besetzung gegen die Braunkohle und für den Klimaschutz demonstriert.
Durch einen Eilbeschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster wurde eine Rodung des Hambacher Waldes zunächst für mindestens ein Jahr gestoppt.
Der Hambacher Forst gilt mittlerweile als Symbol für den Widerstand gegen die Braunkohle-Verstromung und für den Klimaschutz.

Die Beispiele zeigen. Die Wälder der Erde sind in Gefahr und wenn nicht sofort Gegenmaßnahmen ergriffen werden, können wir in nicht allzu ferner Zukunft Bäume nur noch im Museum bewundern.


Prinzip Hoffnung 1: Der WeltWald Harz | Deutschland


Der WeltWald Harz liegt am Nordwestrand des Harzes bei Bad Grund. Er besteht seit 1975. Auf dem Gebiet um die Stadt Bad Grund wurden auf einer Fläche von etwa 100 ha 285 Baum- und 238 Straucharten aus verschiedenen Wäldern der gemäßigten Klimazone angepflanzt und bewirtschaftet. Insgesamt befinden sich hier 113.000 Gehölze.  Der WeltWald Harz ist ein Forschungs- und Schutzprojekt, das Anlass zur Hoffnung gibt.
Foto: Fred Tille


Prinzip Hoffnung 2:  For Forest


For Forest ist ein Kunstprojekt des Installationskünstlers Klaus Littmann, das am 8. September 2019 in Klagenfurt für die Öffentlichkeit geöffnet wurde. 299 rund 14 Meter hohe Bäume wurden im Wörthersee Stadion im Sommer auf das Spielfeld gestellt, die man bis zum 27. Oktober bei freiem Eintritt ansehen kann. (Quelle Wikipedia)  

Übrigens: Die Bäume in der Neue Nationalgalerie Berlin sind jedoch nicht extra für diese Kunstaktion gefällt worden. Laut Chipperfield stammen sie aus einem Privatwald und konnten wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse nicht wie üblich nach 70 bis 80 Jahren geschlagen werden. Jetzt im Alter von 100 Jahren wurden sie forstwirtschaftlich verwertet und quasi als Zwischennutzung für die Kunstaktion ausgeliehen. 



Samstag, 12. Januar 2019

Shakespeare als Automechaniker | Chancen und Risiken Künstlicher Intelligenz


Künstliche Intelligenz hat zur Zeit Hochkonjunktur. Google machte im Herbst 2018 mit einer Sonderbeilage im Nachrichtenmagazin Der Spiegel Werbung in eigener Sache. Unter dem Titel Aufbruch|Künstliche Intelligenz| Was sie bedeutet und wie sie unser Leben verändert| versucht Google Chancen und Risiken dieser Technologie anzusprechen. Hollywood hatte sich dieses Themas schon viele Jahre zuvor dankbar angenommen und in Filmen wie Minority Report, I Robot, AI und Robocop die Herrschaft der Maschinen über den Menschen abgehandelt.

Albert Serra hat erstmalig das Thema Singularity als Teilaspekt des Komplexes Künstliche Intelligenz künstlerisch bearbeitet. SINGULARITY | Ein Kunstprojekt von Albert Serra kuratiert von Chus Martinez und produziert vom Institut Ramon Llull | Catalonia in Venice at LA BIENNALE DI VENEZIA | 56th International Art Exhibition | Eventi Collaterali  

Dabei ist die Geschichte der Künstlichen Intelligenz eine Geschichte von grotesk überzogenen Erwartungen. Das Spektrum reichte von einer Maschine, die bereits 1978 unter anderem die Fähigkeit haben sollte, Shakespeare zu lesen und die beweglichen Teile eines Autos zu schmieren bis zu den Transhumanisten von heute, die durch Mind upload das ewige Leben versprechen. In diesem Zusammenhang möchte auch ich Werbung in eigener Sache machen und die Lektüre meines Blogpost „Noch 30 Jahre bis 2045 | Singularity-Was bleibt vom Menschen?“ empfehlen. In meinem Beitrag könnt ihr u.a erfahren, dass die Firma Alcor in Scottsdale, Arizona (USA) bereits 2004 für 120.000 Dollar die kryonische Aufbewahrung des ganzen Körpers offerierte. 


In einer Videoinstallation über mehrere Bildschirme zeigt Serra die Bedrohung des Menschen durch Maschinen. Hier ist es eine Drohne.


Die Möglichkeiten und Gefahren von jetzt schon verfügbaren intelligenten Maschinen hat mich zur folgenden Zitatcollage inspiriert. Hier kommen bekannte und weniger bekannte Akteure auf dem weiten Feld der Forschung und Entwicklung zur KI zu Wort.

Shakespeare als Automechaniker


"In drei bis acht Jahren (ab 1970 gerechnet)* werden wir eine Maschine mit der allgemeinen Intelligenz eines durchschnittlichen Menschen haben, eine Maschine, die Shakespeare lesen und ein Auto schmieren kann." (1)
"Künstliche Intelligenz wird das menschliche Niveau bis etwa 2029 erreichen. Folgen Sie dem weiter bis 2045, werden wir die Intelligenz, die menschliche biologische Maschinenintelligenz unserer Zivilisation, milliardenfach vervielfacht haben." (2) 
„Computer werden Menschen innerhalb der nächsten hundert Jahre mit künstlicher Intelligenz überholen. Wenn es soweit ist, müssen wir sichergehen, dass ihre Ziele mit unseren übereinstimmen.“ (3)
„Heute ist eine Künstliche Intelligenz in diesem Sinne noch nicht einmal in Ansätzen zu erkennen.“ (4)
"Es gibt viele Dinge, die wir gerne tun würden, aber nicht tun können, weil sie illegal sind. (...) Wir sollten nur ein paar Orte haben, an denen wir in Sicherheit sind. So können wir neue Dinge ausprobieren und herausfinden, welche Auswirkungen sie auf die Gesellschaft haben." (5) 
„Maschinen haben keine eigenen Sehnsüchte, sie sind sich ihrer Ziele nicht bewusst. Sie tun, was wir ihnen sagen und manchmal machen sie Fehler, weil wir nicht lange genug nachgedacht und ihnen das Falsche gesagt haben. Die Maschinen, die wir heute bauen und in Zukunft bauen werden, entscheiden nicht plötzlich, den Planeten zu übernehmen.“ (6)
„Aber nur, bis Roboter die Straße herunter marschieren und Menschen jagen.“ (7)
„Sorgen sollten wir uns nicht um superschlaue, sondern eher um dumme KI.“ (8)
„(Die Filteralgorithmen von)* Youtube kenn(en)* nicht den Unterschied zwischen der nackten Wahrheit und einem nackten Hintern.“ (9)
„Mit künstlicher Intelligenz wecken wir die Dämonen.“ (10)
„Ich beneide Sie um diese ersten Schritte in eine neue Zeit.“ (11) 

 * In Klammern gesetzte Worte sind Einschübe des Verfassers.

(1) Marvin Minsky (1927 - 2016). Der ehemalige Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) war jahrelang der "Papst" der Künstlichen Intelligenz und hatte den Ruf als ein enfant terrible der Zunft. In seinen späteren Jahren wandelte er sich zu einem der schärfsten Kritiker Künstlicher Intelligenz.

(2) Ray Kurzweil. Prophet des Transhumanismus. Bill Gates spricht von ihm als „führendem Experten im Bereich der Künstlichen Intelligenz“
Mehr über Ray Kurzweil in meinem Blogeintrag: Noch 30 Jahre bis 2045 | Singularity-Was bleibt vom Menschen?

(3) Stephen Hawking (1942 - 2018). Stephen Hawking lieferte bedeutende Arbeiten zur Kosmologie, zur allgemeinen Relativitätstheorie und zu Schwarzen Löchern.

(4) Florian Gallwitz: Professor für Medieninformatik an der Technischen Hochschule Nürnberg. Seine Schwerpunkte sind die Bildverarbeitung, Spracherkennung und Mustererkennung insbesondere im Deep-Learning-Verfahren. Einen empfehlenswerten Beitrag findet ihr im Blogmagazin „Wired“ mit dem Titel: Auch 2029 wird es keine Künstliche Intelligenz geben, die diesen Namen verdient
Die deutsche „Wired“-Ausgabe wurde Ende 2018 leider eingestellt.

(5) Larry Page. Mitbegründer von Google. US-amerikanischer Informatiker und Unternehmer und seit 2015 CEO von Alphabet Inc.

(6) Toby Walsh: Professor für Künstliche Intelligenz an der University of New South Wales. Walsh schreibt Sachbücher für ein breites Publikum und hält TED-Talks. Sein neues Buch „It‘s Alive – Wie Künstliche Intelligenz unser Leben verändern wird“ ist gerade auf Deutsch erschienen. ( Edition Körber, 352 Seiten, 18 Euro, ISBN: 978-3-89684-266-4.)
Empfehlenswerten Beitrag in englischer Sprache: Why we should ban killer robots

(7) Elon Musk:  Unternehmer und Investor. Musk ist durch seine Beteiligung an der Gründung des Online-Bezahlsystems PayPal sowie mit dem privaten Raumfahrtunternehmen SpaceX und dem Elektroautohersteller Tesla bekannt geworden.
Einen empfehlenswerten Beitrag von Tesla-Chef Musk findet ihr unter dem link: Tesla Chef Musk warnt vor tödlichen Robotern

(8) dito Toby Walsh

(9) Jörg Sprave: Videoblogger. Mit seinen Videos über selbst gebaute Kanonen und andere Geschosse ist Jörg Sprave ein Hit auf Youtube. Für seine Kondomschleuder gewann er 2014 den Videopreis der Bill & Melinda Gates Foundation. Mehr als zehn Millionen Mal werden seine Videos geklickt, seinem Youtube-Kanal The Slingshot Channel folgen über zwei Millionen Menschen. 
Zitathintergrund: Die Algorithmen, die die Youtube Videos filtern, sind nicht fehlerfrei. So landete ein Video von Sprave mit dem Titel „Katana: The Naked Truth“ („Katana, die nackte Wahrheit“, wobei Katana der Name eines Samurai-Schwertes ist) auf dem Index. Eigentlich ist das nur ein harmloses Interview mit einem Schwertschmied. Weil aber das Wort „naked“ in der Überschrift stand, wurde es von Youtube herausgefiltert.  
Quelle: Berliner Morgenpost vom 18.12.2018, Autorin: Anja Stehle

(10) dito Elon Musk

(11) Jean-Luc Picard: Fiktive Figur als Captain des Raumschiffs USS Enterprise in der Filmreihe Star Trek. Diese von mir zitierte hoffnungsfrohe Vision unserer zukünftigen Entwicklung zeichnet er während einer Zeitreise ins 21. Jahrhundert in „First Contact“ (1996, Teil 8 des Star-Trek-Universums)

Zum Abschluss möchte ich euch noch zwei Videos der Roboterentwickler Boston Dynamics empfehlen, die neue Fähigkeiten seiner mechanischen Helfer demonstrieren. Sie zeigen den humanoiden Atlas und den Vierbeiner Spot in Aktion. Beim Anblick des Roboters Atlas können einem durchaus Assoziationen zu Szenen aus I Robot oder der Terminator-Reihe kommen. Denn der wuchtige Zweibeiner Atlas bewegt sich erschreckend elegant und agil. 
Der humanoide Atlas kann gleich einem Sportler über Hindernisse hinweg hüpfen. Der vierbeinige Spot hingegen kann sich auf Baustellen orientieren – und könnte bald als Robo-Wachhund agieren. Hier patrouilliert der Roboter als Wachhund in Rohbauten auf verschiedenen Baustellen, weicht Hindernissen wie Kisten und Werkzeugen aus, beachtet Absperrbänder und läuft ein Treppenhaus hinauf – und im Rückwärtsgang wieder hinunter.  

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Sämtliche Fotos: Fred Tille