Bei einem Trilemma hast du nicht nur
die Wahl zwischen Pest und Cholera sondern zwischen Pest und Cholera
und mindestens noch Typhus dazu. Das ist die etwas saloppe
Umschreibung des Ausdrucks Trilemma, der für eine Konfliktsituation
steht, bei der zwischen drei jeweils ungünstigen oder inakzeptablen
Möglichkeiten entschieden werden muss.
Die König Galerie präsentierte in
Berlin mit dem Titel Trilemma die erste Einzelausstellung des Malers
Norbert Bisky. „Das Motiv der dreifachen Ausweglosigkeit dient
Norbert Bisky nun als konzeptueller Ausgangspunkt für seine meist
großformatigen Bilder,die vor blauem Hintergrund in kräftigen,
intensiven Farben und sanften Pastelltönen Chaos, Gewalt und
Zerstörung zeigen.“ (1)
Auch
die Ausstellungsarchitektur greift die dem Wort Trilemma
innewohnende Zahl drei auf, und besteht aus drei groß
dimensionierten Wandteilen, die wiederum mit dem ehemaligen
Kirchenraum als Ort der Dreifaltigkeit von St. Agnes in räumlicher
Beziehung stehen.
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Im Vordergrund das
titelgebende Bild. Die Arbeit zeigt eine männliche, dem Betrachter
abgewandtePerson vor einem bildfüllenden, dreifarbigen
Trilemma-Schema, das wiederum von einer landkartenähnlichen Form
überlagert wird. Hier ist auch die Ausstellungsarchitektur gut
erkennbar. Trilemma Processor, 2017, oil on canvas,
130 x 200
cm.
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In
diesem Post möchte ich weniger auf die Besprechung der Ausstellung
eingehen. Vielmehr
möchte ich mich auf zwei Aspekte des künstlerischen Schaffens von
Bisky konzentrieren, die für die Rolle der Malerei im Allgemeinen
von großer Bedeutung sind.
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Blick in die
Ausstellung-Vorne Wand mit paper works, im Hintergrund links,
Deposition 2017, oil on canvas, 200 x 150 cm, daneben, NoH8,
2017, oil on canvas, 40 x30 cm
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Aber
bitte mit Konzept
Der
Malerei Biskys, die auf figurativen, sich auf historische oder
aktuelle Ereignisse beziehende Bilder basiert, begegnete die
kunstwissenschaftliche Zunft von Anfang an mit großer Skepsis. Bisky
und seinen malenden Generationsgenossen wurden die hohen Weihen der
elitären Kunstkritik verweigert. „Aber bitte mit Konzept“
betitelte Sebastian Preuss einen Zeitungsartikel (2).Darin
führt er aus, das Künstler wie Bisky und seine Künstlerkollegen,
die einen ähnlichen Ansatz verfolgten nur dann Legitimation
erfahren, wenn sie kenntlich machen, dass ihre Malerei zugleich die
Gattung selber reflektiert. Insbesondere figürliche Malerei wird nur
dann anerkannt „wenn sie durch Theorie gebrochen, also gleichsam
durch eine Metaebene nobilitiert wird.“ Einfach nur Maler sein
zu wollen und von einer Existenzberechtigung der Malerei ohne wenn
und aber auszugehen, geht in diesen kunsttheoretischen
Korsettstangen überhaupt nicht. Freie Malerei sieht für mich anders
aus.
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Works on paper
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Diese
Vorgaben der selbsternannten Hohepriester der Kunstkritik belustigen
Bisky. Er hält sich nicht an dieses Diktat. Er konzeptualisiert
seine Malerei in dieser rigiden Form nicht. Das erklärt auch die
Diskrepanz zwischen seinem künstlerischen Erfolg und der
vergleichsweise geringen kunstwissenschaftlichen Auseinandersetzung
mit seiner Malerei. Damit steht er nicht allein. Ein ähnliches
Schicksal erlitt beispielsweise auch sein Malerkollege Daniel Richter.
Richters Malerei wird vorgeworfen zu allegorisch, narrativ und zu direkt
politisch zu sein. Dabei überschritt die Kritik manchmal sogar die
Grenze zur persönlichen Beleidigung. Er wurde als banaler,
mitläuferischer, platitüdenhafter Typ bezeichnet.
Trotz
dieser Anfeindungen gehören Norbert Bisky und Daniel Richter zu
den erfolgreichsten Malern ihrer Generation. Bei
Ausstellungsbesuchern und Sammlern sind ihre Werke sehr beliebt. Kein
Wunder. Ihre Malerei ist kraftvoll und verarbeitet relevante
gesellschaftspolitische Themen. In ihren Ausstellungen gibt es für
den Betrachter wirklich etwas zu sehen. Langeweile und
Wiederholungsekel kommen nicht auf.
Zum
Abschluss ein Zitat von Daniel Richter, das den Nagel auf den Kopf
trifft:
„Der Krampf besteht darin, dass man der Kunst um ihrer
selbst willen folgen soll. Das ist schwierig. Am Ende gibt es aber
einfach gute Bilder und nicht so gute Bilder. Das ist es dann
auch schon (3).
Zwischen
heiteren Farben und harten Themen
Unter
dem Titel Trilemma lässt Bisky im Hauptraum der Galerie König
in St. Agnes Galerie in seinen neuen Malereien Farben explodieren.
Auf
großformatigen Leinwänden sieht man oftmals immer noch strahlende
Jünglinge, die zu seinem Markenzeichen geworden sind. Aber sie
tummeln sich nicht mehr im Paradies, sie werfen Steine. Sie sind
vermummt wie die Demonstranten beim G20-Gipfeln. Sie fallen aus dem
Himmel zwischen Palmenzweige, lichterloh brennende Luxushochhäuser
und taumelnden Hubschraubern in Rio de Janeiro. Diese bunte,
farbenfrohe Welt brennt. Bei Bisky ist die Apokalypse bunt.
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Menschen fallen aus dem Himmel. Vor
blauem Himmel ist bei Bisky die Apokalypse bunt. Big Trilemma, 2017,
oil on canvas, 3 parts, 300 x 750 cm
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"Ich
finde den Widerspruch in der Kunst wichtig. Denn die Welt ist
komplex, es ist unmöglich das in einem Bild einzufangen. Wenn man es
aber versucht, dann muss es auch im Bild Widersprüche geben,
zwischen heiteren Farben und harten Themen."(4)
Die Vorliebe für bunte, grelle Farben,
war vom Ursprung her mal eine Reaktion auf die Verhältnisse in der
DDR, in der er groß geworden ist. Im sozialistischen Realismus galt
Kunst als Waffe in einer Welt, in der Freund und Feind , Fortschritt
und Rückschritt klar erkennbar waren. Für
Bisky ist diese Weltsicht Unsinn.
"Das würde
heißen, dass es eine klare Richtung gibt, in die man schießen kann.
Die gibt es nicht, unsere Welt ist komplex. Bilder sind wie
Flaschenpost, die bleiben eine Weile da und transportieren etwas von
meiner Zeit".
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Zwischen Palmenzweigen
vermummte junge Menschen, die Steine werfen. Die
bürgerkriegsähnlichen Zustände, die in Rio de Janeiro momentan an
der Tagesordnung sind, werden im rechten Bild vor tropischer Kulisse
aufgegriffen. Rechts Tiroteo, 2017, oil on canvas, 240 x 190
cm, linkes Bild; Trilemma, 2017, oil on canvas, 240 x 190 cm
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Norbert
Bisky
1970 in
Leipzig geboren, wuchs er in der DDR auf.
1990 begann
er ein Studium der Germanistik und Kunstgeschichte an
der Humboldt-Universität in Berlin.
1994 bis
1999 studierte er an der Hochschule der Künste Berlin bei Georg
Baselitz.
Norbert
Bisky zählt innerhalb seiner
Generation zu den bekanntesten Malern Deutschlands. Seine Arbeiten
waren in zahlreichen internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen
zu sehen.
Galerie
König in St. Agnes
NORBERT
BISKY | TRILEMMA
9. SEPTEMBER - 8. OKTOBER 2017
Galerie
König in St. Agnes
ALEXANDRINENSTR.
118–121
10969 BERLIN
INFO@KOENIGGALERIE.COM
Quellen:
(1)
Öffentlich in der Galerie ausliegendes Begleitmaterial zur
Ausstellung. NORBERT BISKY | TRILEMMA
(2)
Berliner Zeitung, 10.04.2001 zit. nach „Norbert
Bisky-Zentrifuge“S.8f. Hrsg. Dorothée Brill
(3) Süddeutsche
Zeitung im Interview: Daniel Richter:Ruhm. Ich bin dagegen, 17.
Mai 2010 ,
Onlineversion
(4) Berliner
Morgenpost, Elisa von Hof, 09.09.2017
Sämtliche
Fotos: Fred Tille
Obwohl
meine Fotos nur allgemeine Ausstellungsansichten und keine
expliziten, detaillierte Werkfotos zeigen, bitte ich die
Urheberrechte des Künstlers, Norbert Bisky an seinen Werken zu
beachten.
Courtesy of
Galerie Galerie König in St. Agnes