Privater Kunstblog zum Thema:

Künstlerisches Handeln in Zeiten globaler Umbrüche


Die Welt von heute scheint aus den Fugen geraten. Sie ist durch große Unsicherheit, Unübersichtlichkeit und Fragilität, Krieg und Flucht, Terror und Gewalt geprägt. Damit ist die Entwicklung unserer zukünftigen Lebenswelten wieder zu einem bedeutsamen Schwerpunkt in der Kunst geworden. Auch die Erkenntnisse und Prognosen der Techniksoziologie und der Zukunftsphilosophie werden zunehmend als Gegenstand der Kunst entdeckt. Die bildende Kunst, das Theater, die Literatur und der Film reagieren darauf auf unterschiedliche Art und Weise. Mich beschäftigt die Frage, wie kann sich der Künstler, der ja Teil dieser Entwicklungen ist, den sich daraus ergebenden existentiellen Herausforderungen sinnvoll nähern? In diesem Zusammenhang möchte ich meine Bilder aus der Zeit um 5 nach 12 in lockerer Folge vorstellen. Texte zu den globalen Auswirkungen des westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems ergänzen diese bildlichen Darstellungen. Über Reaktionen von Künstlern, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen, würde ich mich freuen.


Mona Lisa als Street-Art – Drei Beispiele


Beispiel 1: Berlin | Friedrichshain 2019
Seit Kurzem prangt in Berlin-Friedrichshain gegenüber der East-Side-Gallery eine gigantische Mona Lisa an einer Hotelwand. Knapp 17 Meter hoch, zehn Meter breit. Den Angaben der Street-Art-Künstler zufolge könnte diese Malerei das Original 418 Mal fassen und ist damit mit einer Fläche von rund 170 Quadratmetern die größte exakte und formgleiche Mona Lisa der Welt. Das Künstlerkollektiv Die Dixons hat gemeinsam mit den Künstlern Tank, Weisse Seite und FIX77 das Bild über sieben Tage mit Pinseln und Sprühdosen auf die Wand gebracht.




Inzwischen ist die Berliner Riesen-Mona-Lisa schon wieder übermalt worden. Von dem übergroßen berühmten Porträt ist nur noch eine weiße Grundierung und die umgebende Landschaft zu sehen. Auf dem weißen Grund haben die Künstler ein Post-it mit der Nachricht „Ich bin auf Europareise!“aufgebracht. Mit der Aktion #FreiheitBerlin forEurope soll auf die Europa-Wahl im Mai hingewiesen werden. Unter dem hashtag #FreiheitBerlin können die weiteren Stationen der Europareise auf Instagram verfolgt werden. Das Ganze entpuppte sich also als Marketing-Kunstaktion, die mit eigentlicher Streetart nichts zu tun hat. Dafür aber umso mehr mit Kunsthandwerk.



Mehr Infos über die Künstler: 
Die Dixons

Beispiel 2: Kairo | Ägypten 2014
Mona Lisa Brigades - Street-Art als Widerstand in Kairo.

Eine Gruppe junger Street-Art-Künstler in Kairo nennt sich Mona Lisa Brigades. Auf der Basis des berühmten Gemäldes von Leonardo da Vinci haben sie ihr eigenes Logo entwickelt. Mona Lisa trägt hier eine Augenklappe und hält eine Spraylackdose in der Hand. Die Augenklappe weist auf die Angriffe der Polizei hin. Mit Gummigeschossen feuerte sie gezielt auf Demonstranten. Viele verloren ihr Augenlicht.

Fred Tille | Mona Lisa Brigades | Tafel 1 | 80x100 cm | 2014
Diptychon

Mehr Infos über die Künstler:

Beispiel 3: Berlin | Tegel-Süd
Unabhängig vom Mona Lisa Thema zeigt ein riesiges vom spanischen Künstler Gonzalo Borondo geschaffenes Kunstwerk an einer Hochhauswand in Tegel-Süd die wachsende Bedeutung von Street-Art im Stadtbild. Das mehr als 42 Meter hohe Wandbild zeigt eine trostlose Waldlandschaft vor düsteren Wolken. Darin steht ein blutüberströmtes Mädchen in seiner eigenen Blutlache. Im Hintergrund ist ein an einen Baum genagelter nackter Mensch zu erkennen. Borondo will mit seinem Werk auch auf die Schrecken des Bürgerkrieges in Syrien hinweisen.



Mehr Infos über den Künstler:
Guernica in Berlin


Sämtliche Fotos: Fred Tille