Thematisch passend zum Jubiläum 30
Jahre nach dem Mauerfall ist
Norbert Bisky in Berlin und Potsdam über den Jahreswechsel 2019/2020
mit einer Doppelausstellung RANT
und POMPA zu DDR und
Mauerfall sehr präsent.
Der in der DDR geborene Maler
verarbeitet 30 Jahre nach dem Mauerfall künstlerisch seine
Erfahrungen mit Teilung und Wiedervereinigung und verbindet diese mit
der Frage nach den Leitbildern unserer Zeit.
Während die Ausstellung RANT in
Potsdam sich mit den Ereignissen um den Mauerfall beschäftigt, liegt
der Fokus für die Berliner Schau mit dem Titel POMPA auf den
Jahrzehnten nach der Wende.
Die Basics der künstlerischen
Positionen von Bisky könnt ihr in meinem Post Trilemma
nachlesen.
In diesem Post will ich aber den
Schwerpunkt darauf legen, welche spezielle Präsentationsform der
Künstler gewählt hat. In der St. Matthäuskirche geht Bisky an die
Decke!
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Eingang
der St. Matthäuskirche mit Bisky-Banner.
Im Hintergrund der
Potsdamer Platz.
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Bisky geht an die Decke!
Als Norbert Bisky die St. Matthäus
Kirche zum ersten mal betrat, um einen Eindruck vom Ort seiner
geplanten Ausstellung zu bekommen, hatte er spontan die Idee seine
Bilder unter die Decke zu hängen. Zu seiner Überraschung zeigten
sich die Ausstellungsverantwortlichen der Kirche nicht als skeptische
Bedenkenträger, sondern offen für diese Präsentationsmöglichkeit.
Wie es dann zur Realisierung kam, berichtete Bisky im Rahmen eines
Künstlergesprächs in der St. Matthäus-Kirche.
Auf dieses Künstlergespräch beziehe
ich mich, wenn ich im folgenden Text aus meinem Gedächtnisprotokoll
und meinen Aufzeichnungen Bisky zitiere oder über dessen
künstlerische Beweggründe spreche.
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Künstlergespräch
mit Norbert Bisky am 23. Januar 2020.
Das Gespräch führte Ingeborg
Ruthe, Kunstredakteurin der Berliner Zeitung.
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Die biskynische Kapelle
Mit dieser für die Berliner Zeitung
taz typischen Überschrift berichtete das Blatt über
Biskys Coup, seine Bilder hoch oben an der hölzernen Kirchendecke zu
installieren, so wie man es aus barocken Kirchen kennt. Die
Anspielung auf die berühmte Sixtinische Kapelle, eine der Kapellen
des Papstpalastes unmittelbar nördlich des Petersdoms
gelegen, und auf das noch berühmtere Deckengemälde von Michelangelo
wirkt auf den ersten Blick sehr kühn.
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Bild
unten: St. Matthäus Kirche
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Betrachtet man jedoch Biskys gewaltiges
Figurenszenario, die taumelnden oder durch die Luft fliegenden
Menschen vor dramatischen Himmelslandschaften, können sich
Assoziationen zu den italienischen Manieristen einstellen. Andere
denken an Goya und weitere spanische Altmeister. Im bereits erwähnten
Künstlergespräch schilderte Bisky wie er in den Neunzigern mit
einem Stipendium in Madrid arbeiten konnte und die Kunst der alten
Meister geradezu aufgesogen hatte. Mit einer Kopiergenehmigung des
Prado zog er täglich mit Zeichenblock und Malkarton ins Museum und
studierte und kopierte seine favorisierten Maler. Zusammen mit den
italienischen Meistern sind sie bis heute eine starke
Inspirationsquelle für Biskys Malerei.
Vor diesem Hintergrund erscheint dann
der Vergleich mit der Deckenmalerei von Michelangelo aus
künstlerischer Sicht gar nicht mehr so kühn und abwegig.
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Blick auf die aufwändige Deckeninstallation
älterer und neuerer Werke von Norbert Bisky |
Welchen Göttern huldigen wir heute?
Mit seiner aufwändigen
Deckeninstallation älterer und neuer Werke zeigt Norbert Bisky
seinen Blick auf die Welt nach 1989 in einer dystopischen
Himmelslandschaft: Auch der Titel Pompa stellt einen sakralen
Bezug her. Der Begriff kommt aus dem lateinischen und bedeutet in der
Übersetzung Geleit/Leitung. Pompa bezeichnete im alten Rom
religiöse Festprozessionen mit Götter- und Ahnenbildern. Welchen
Göttern huldigen wir heute? Welche Bilder prägen heute unser
kulturelles und religiöses Gedächtnis? Diese Fragen stellt die
Berliner Präsentation. Sie findet parallel zur Ausstellung RANT
von Norbert Bisky in der Villa Schöningen in Potsdam statt.
Rant ist eine Umschreibung aus
dem englischen für Gezeter und Hetze im Netz, deren Urheber sich
jedoch meist hinter Pseudonymen verstecken.
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Die Plakate der Parallelausstellungen.
Oberes Bild: Berlin | Unteres Bild: Potsdam
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Bisky trifft Tintoretto in Venedig
Aber zurück zu Biskys Beweggründen
für die Deckeninstallation.
"Ich denke viel nach über die
Präsentation von moderner Malerei als Deckenbilder. Gerade weil das
so aus der Zeit gefallen scheint" und weiter...
„Ich
bin gerne in Kirchen, Moscheen, Synagogen. Da komme ich zur Ruhe, zum
Nachdenken über die Welt. Unlängst war ich in Venedig, die
Deckenbilder in Kirchen und Palazzi gehen mir nicht aus dem Kopf.“
Über Bisky und
Tintoretto in Venedig und darüber wie tückisch eine
Deckenpräsentation sein kann, berichte ich demnächst in Teil 2
meines Blogpost Bisky geht an die Decke!
Die Ausstellungen:
Rant, Villa Schöningen, 9.
November 2019 bis 23. Februar 2020,
Pompa, Berliner St.
Matthäus-Kirche, 10. November 2019 bis 16. Februar 2020
Sämtliche Fotos mit Ausnahme der extra
gekennzeichneten: Fred Tille
Obwohl meine Fotos nur allgemeine
Ausstellungsansichten und keine expliziten, detaillierten Werkfotos
zeigen, bitte ich die Urheberrechte des Künstlers Norbert Bisky an
seinen Werken zu beachten.
Weiterführende Links: