Privater Kunstblog zum Thema:

Künstlerisches Handeln in Zeiten globaler Umbrüche


Die Welt von heute scheint aus den Fugen geraten. Sie ist durch große Unsicherheit, Unübersichtlichkeit und Fragilität, Krieg und Flucht, Terror und Gewalt geprägt. Damit ist die Entwicklung unserer zukünftigen Lebenswelten wieder zu einem bedeutsamen Schwerpunkt in der Kunst geworden. Auch die Erkenntnisse und Prognosen der Techniksoziologie und der Zukunftsphilosophie werden zunehmend als Gegenstand der Kunst entdeckt. Die bildende Kunst, das Theater, die Literatur und der Film reagieren darauf auf unterschiedliche Art und Weise. Mich beschäftigt die Frage, wie kann sich der Künstler, der ja Teil dieser Entwicklungen ist, den sich daraus ergebenden existentiellen Herausforderungen sinnvoll nähern? In diesem Zusammenhang möchte ich meine Bilder aus der Zeit um 5 nach 12 in lockerer Folge vorstellen. Texte zu den globalen Auswirkungen des westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems ergänzen diese bildlichen Darstellungen. Über Reaktionen von Künstlern, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen, würde ich mich freuen.


Samstag, 28. Juni 2025

Wrapped Reichstag Berlin 2.0 | 1995 und 2025

Christo und seine Frau Jeanne-Claude waren zweifellos eines der bemerkenswertesten Künstlerpaare des 20. Jahrhunderts. Ihr Markenzeichen war die temporäre Verhüllung von exponierten öffentlichen Orten – wie etwa dem Arc de Triomphe in Paris, dem Berliner Reichstag oder dem Lago d‘Iseo in Italien. Durch diesen Verfremdungseffekt verwandelten sich diese Bauwerke und Landmarken in skulpturale Objekte und erhielten eine neue Präsenz.

Das Werk von Christo und Frau Jeanne-Claude hat in Deutschland zur Zeit Hochkonjunktur. Gleich an zwei Orten - in Berlin und im Museum Würth, Künzelsau - würdigt man deren Schaffen. In Berlin erinnerte eine Lichtprojektion an Christos spektakuläre Kunstaktion 1995 als er und seine Frau das Berliner Reichstagsgebäude verhüllten. Im Museum Würth wird eine Ausstellung präsentiert, die von Christos frühen Anfängen bis zum letzten realisierten Projekt, dem verhüllten L’Arc de Triomphe, reicht.

Hochleistungsprojektoren bringen die Projektion auf die Fassade. Projiziert wurden in jeweils 20-minütigen Durchläufen zunächst Bilder von Christo (1935–2020) und Jeanne-Claude (1935–2009) sowie ein vierminütiger Zeitraffer der Verhüllung vor 30 Jahren. Anschließend entsteht die Illusion des sich im Wind bewegenden Stoffes


30-60-90- Zufälle des Lebens

Vor 30 Jahren verhüllten Christo und seine Frau das Berliner Reichstagsgebäude. Die Bilder vom Wrapped Reichstag gingen damals um die Welt und sorgten für eine unglaubliche Stimmung und Atmosphäre in der Stadt. Vom 09. bis 20. Juni 2025 hat ein Lichtspektakel den verhüllten Reichstag in neuer Form wieder auferstehen lassen. Jeweils nach Einbruch der Dunkelheit wurde in Berlin mit einer Lichtprojektion an der Westfassade des Berliner Reichstags an diese spektakuläre Reichstagsverhüllung vor 30 Jahren erinnert.

Eine Projektion hebt die damalige Verschnürung der Stoffbahnen hervor.

Aus Anlass des 90. Geburtstags von Christo und Jeanne-Claude – beide wurden am 13. Juni 1935 geboren – präsentiert das Museum Würth einen Querschnitt durch 60 Jahre ihres Schaffens. Die Ausstellung trägt den Titel Verhüllt, Verschnürt, Gestapelt. Der bekannte deutsche Unternehmer Reinhold Würth verfügt mit seiner Sammlung von rund 130 originalen Werken aus sechs Jahrzehnten über eines der größten Konvolute mit Arbeiten von Christo und Jeanne-Claude weltweit - auch dank einer sehr persönlichen Beziehung zu dem Künstlerpaar. Auch Reinhold Würth feierte gewissermaßen mit Christo und Jeanne-Claude am 20. April 2025 seinen 90. Geburtstag. So ergeben zeitliche Zufälle des Lebens außerordentliche Kunstereignisse.

Blick in die Ausstellung Verhüllt, Verschnürt, Gestapelt mit Modell des verschnürten Reichstages Berlin und Projektzeichnungen an den Wänden

Über das Werk von Christo und Jeanne-Claude ist soviel geschrieben worden, dass ich in meinem Post lieber das Künstlerpaar selbst für ihre Kunst sprechen lassen will. (1)

Unsere Projekte sind alle einzigartig. Wir machen nie zweimal dasselbe. Wir arbeiten nicht wie Architekten oder Bildhauer. Jedes Projekt ist ein völlig neues, nie zuvor geschaffenes Bild. (Christo)


Die Vergänglichkeit eines Kunstwerks schafft ein Gefühl der Fragilität oder auch Verletzlichkeit (…), durch sie ist das Fehlen präsent, weil wir wissen, dass es schon morgen nicht mehr da ist. Die Behutsamkeit, die der Mensch für Dinge hat, die nicht für die Ewigkeit sind (…) ist eine Qualität, die wir auch unserer Arbeit geben wollen als eine zusätzliche ästhetische Qualität. (Christo und Jeanne-Claude)


Viele Kritiker unserer Werke finden die Irrationalität, die Absurdität unserer Projekte zum Verrücktwerden. Das genau ist der Grund, warum wir sie machen. (Christo)


Eingang zum Museum Würth mit Plakat zur Ausstellung Verhüllt, Verschnürt, Gestapelt
11.11.2025. bis 25.01.2026

 

(1) Quelle: Wandtexte zur Ausstellung im Museum Würth

Weiterführende Links:

Museumswebsite zur Ausstellung Verhüllt, Verschnürt, Gestapelt mit einem Download des Flyers zur Ausstellung DE | EN

Kunst und Kultur im Unternehmen Würth DE | EN

90 Jahre Reinhold Würth - Von der Schraubengroßhandlung mit zwei Mitarbeitern zum Weltmarktführer mit 88.000 Beschäftigten   

Mein Post: Schönen Gruß von Christo!

Originalwebsite von Christo und Jeanne - Claude. Only in EN