Privater Kunstblog zum Thema:

Künstlerisches Handeln in Zeiten globaler Umbrüche


Die Welt von heute scheint aus den Fugen geraten. Sie ist durch große Unsicherheit, Unübersichtlichkeit und Fragilität, Krieg und Flucht, Terror und Gewalt geprägt. Damit ist die Entwicklung unserer zukünftigen Lebenswelten wieder zu einem bedeutsamen Schwerpunkt in der Kunst geworden. Auch die Erkenntnisse und Prognosen der Techniksoziologie und der Zukunftsphilosophie werden zunehmend als Gegenstand der Kunst entdeckt. Die bildende Kunst, das Theater, die Literatur und der Film reagieren darauf auf unterschiedliche Art und Weise. Mich beschäftigt die Frage, wie kann sich der Künstler, der ja Teil dieser Entwicklungen ist, den sich daraus ergebenden existentiellen Herausforderungen sinnvoll nähern? In diesem Zusammenhang möchte ich meine Bilder aus der Zeit um 5 nach 12 in lockerer Folge vorstellen. Texte zu den globalen Auswirkungen des westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems ergänzen diese bildlichen Darstellungen. Über Reaktionen von Künstlern, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen, würde ich mich freuen.


Montag, 15. Dezember 2014

60 Jahre Godzilla | Zwischen Bikini-Atoll und Fukushima

In diesem Jahr wurde Godzilla sechzig Jahre alt. Der erste Godzilla-Film kam 1954 in die japanischen Kinos. Es folgten 28 weitere Filme mit der Atom-Echse. Zum runden Geburtstag gratuliert Hollywood 2014 dem König aller Monster mit einem Remake. Diese 29. Variante von "Godzilla" ist eine Hommage an das Original und bezieht sich direkt auf das Trauma von Fukushima. Hier schließt sich ein Kreis. Der Ur-Godzilla lässt sich als direkte Reaktion auf das Atomunglück über dem Bikini-Atoll deuten. Als die USA dort am 1. März 1954 die bisher grösste Wasserstoffbombe zündeten, wurden japanische Fischer vom Fallout verstrahlt. Für das japanische Publikum war der Godzilla von 1954 deshalb auch Sinnbild eines kollektiven Traumas ausgelöst durch die Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki. Godzilla. Ein Monstrum, das aus dem Meer kommt. Atombombentests haben das prähistorische Ungetüm wieder zum Leben erweckt. Mit Godzilla beginnt der Aufstieg eines Wesens, das für die technikkritische Science-Fiction stilbildend geworden ist und sich zu einer Ikone der Filmgeschichte entwickelt hat.



Der glückliche Drache und Castle Bravo 

«Daigo Fukuryu-Maru», übersetzt „Der glückliche Drache“ heißt das japanische Fischerboot, das am 1. März 1954 dem radioaktiven Niederschlag der Castle-Bravo-Wasserstoffbombe ausgesetzt war. Durch die unerwartete Stärke der Bombe und die ungünstigen Witterungsbedingungen wurden Boot und Mannschaft schwer verstrahlt. Der Funker Aikichi Kuboyama verstarb am 23. September 1954 daran. Die anderen Besatzungsmitglieder überlebten zunächst. Sechs von ihnen erkrankten später an Leberkrebs. Die von den Technikern und Ingenieuren falsch berechnete Sprengkraft der Castle-Bravo-Wasserstoffbombe zeigte erstmals, dass Atombomben auch über grosse Entfernungen hinweg todbringend sein können. Als die Bombe gezündet wurde, befand sich die «Daigo Fukuryu-Maru» außerhalb des Sperrgebiets 130 Kilometer östlich der Bikini-Inseln, aber das war nicht weit genug weg. Später fiel ein Ascheregen auf das Boot, der drei Stunden lang anhielt. Der Vorfall sorgte für enorme Empörung in der japanischen Bevölkerung.
Aikichi Kuboyama stammte aus der japanischen Stadt Yaizu. Alljährlich versammeln sich Menschen in Yaizu am Grab von Aikichi Kuboyama, um die Erinnerung an den tragischen Vorfall wachzuhalten. In diesem Jahr beging Yaizu jedoch einen besonderen Gedenktag. Am 1. März jährt sich zum sechzigsten Mal der Tag, an dem die «Daigo Fukuryu-Maru» dem radioaktiven Fallout mit tödlichen Folgen ausgesetzt war. Sechzig wird in diesem Jahr auch «Godzilla». 

Godzilla erwacht

Sechzig Jahre Godzilla | 1954 und 2014


Acht Monate nach dem Unglück der «Fukuryu-Maru»-Besatzung kam der Film von Ishiro Honda in die Kinos. Gojira, so der Originaltitel des ersten Godzilla-Films von 1954, ist in der japanischen Version ein für die damalige Zeit nicht nur tricktechnisch beeindruckendes, sondern auch hinsichtlich der Handlung und Dramatik durchdachtes filmisches Werk. Auch in der heutigen Zeit kann man es sich noch ansehen, ohne dass die technischen Mängel beim Zuschauer das Gefühl der unkalkulierbaren Bedrohung schmälern. Beim Publikum wurde «Godzilla» rasch zu einem unerwarteten Erfolg. In kurzer Zeit wurden über neun Millionen Eintrittskarten verkauft. 

  
Unter Cineasten und Filmkritikern jedoch war Godzilla wegen seiner primitiven Machart zunächst als billiger Science-Fiction-Klamauk verschrien. Im Laufe der Jahre änderte sich diese Sichtweise und Godzilla schaffte es sogar ins Feuilleton namhafter Zeitungen und Zeitschriften. Spätestens mit der Einreihung Gojiras in das Science Fiction-Grundmodell aus Susan Sontags Essay `The Imagination of Disaster` wurde «Godzilla» zu einem Meilenstein technikkritischer Science Fiction. Godzilla ist ein echsenähnliches Ungeheuer, das durch Atombombentests wiedererweckt aus dem Meer kommt. Der fünfzig Meter grosse Godzilla hat ganze Eisenbahnzüge im Maul und zermalmt Gebäude und Hochspannungsmasten. Der Tricktechnik ist die einfache Machart anzusehen. Die Zerstörungskulisse ist primitives, wackeliges Spielzeug. Aber darauf kommt es nicht an. Wie der Film dramaturgisch Neugier, Bestürzung, Ratlosigkeit und schliesslich nackte Angst vor der unbekannten Bedrohung aus dem Nichts entwickelt, ist eindrucksvoll. Teruyoshi Nakano, der Assistent und Nachfolger des Godzilla-Schöpfers Tsuburaya, war für viele dieser Spezialeffekte verantwortlich. In einem Interview sagte er 2012: "Japan ist das einzige Land, in dem Atombomben abgeworfen wurden. Godzilla war ein Kino-Manifest gegen den Einsatz von Nuklearwaffen, das Japan damals an die gesamte Welt richtete. Das Monster ist ein Kind der Atombombe" (Quelle: Jörg Buttgereit, Monster aus dem Meer).

 
"Godzilla" im Jahr 2014 spielt explizit auf die Katastrophe im Atomkraftwerk von Fukushima vor drei Jahren an. Die Bilder wirken in verstörender Weise vertraut, weil sie mit den realen Erdbeben und Tsunamis der letzten Jahre aktuelle Katastrophenbilder aufnehmen. So stapft zum Beispiel Godzilla bei Honolulu aus dem Meer und löst einen Tsunami aus. Die Unfallserie in Fukushima begann am 11.März 2011 mit einem Erdbeben und lief gleichzeitig in mehreren Reaktorblöcken ab. Es kam zu Kernschmelzen. Große Mengen an radioaktivem Material, etwas mehr als das Doppelte von Tschernobyl, wurden freigesetzt und kontaminierten Luft, Böden, Wasser und Nahrungsmittel in der land- und meerseitigen Umgebung. Ungefähr 100.000 bis 150.000 Einwohner mussten das Gebiet vorübergehend oder dauerhaft verlassen.

 


Das Remake ist ein ernsthaft gedrehter Film und wie schon 1954 wird das Kino wieder zum Katalysator realer Ängste. In dieser Version ist Godzilla nicht das eigentlich Böse. Die Bösen sind sogenannte Mutos (Massive Unidentified Terrestrial Organisms), Parasiten, die sich von radioaktivem Abfall ernähren und bald Las Vegas und San Francisco existentiell bedrohen. Godzilla ist der Gute, der Freund an der Seite des Menschen, der vor den Mutos warnen und sie bekämpfen will.




Godzilla  zwischen  USA  und Japan


Der erste Ur-Godzilla spielt ausschließlich in Japan und bezieht sich direkt auf einen durch die USA verursachten Atomunfall am Bikiniatoll. Am Ende steht die Zerstörung Tokios. In Gareth Edwards aktueller Verfilmung beginnt die Geschichte ebenfalls in Japan verursacht durch einen Störfall in einem Atomkraftwerk, der deutlich an die Katastrophe von Fukushima erinnert. Hier steht am Ende die Zerstörung von San Francisco aber nicht durch Godzilla, sondern durch eine hochhaushohe, insektenartige Kreatur, die sich von atomaren Strahlungen vorzugsweise in der Wüste von Nevada, wo die USA ihren Schrott aus sieben Jahrzehnten nuklearer Forschung und Kriegsführung lagern, ernährt. 




Die Geschichte führt dann von Japan über die Wüste von Nevada bis nach San Francisco. Godzilla verfolgt die bösen Mutos. Das ist die geniale Wendung in der Dramaturgie des Films: Godzilla, einst das Schreckbild einer auf entfesselter Atomenergie bauenden Gesellschaft, wird hier zum Retter einer Welt, die inzwischen in ihrem nuklearen Müll versinkt. Godzilla ist ein Guter. Der Kampf der Kreaturen vor dem Hintergrund der Gefahren der Nukleartechnologie entwickelt sich diesmal zur transpazifischen Angelegenheit. 




Die Warnung bleibt

Die «Daigo Fukuryu-Maru» befindet sich heute in einem für sie errichteten Museum im Hafen von Tokio. Ebenfalls in Tokio erinnert eine kleine, bronzene Godzilla-Statue an die nukleare Gefahr. Die in den Sockel eingravierte Warnung, die Dr. Yamane im Ur-Godzilla aussprach, halten zum Glück sehr viele Menschen in aller Welt nach wie vor für aktuell.
"Wenn wir in maßloser Vermessenheit fortfahren, die Atomkraft zu missbrauchen", hieß es damals, "kann es sein, dass größeres Unheil über uns hereinbricht als dieser Godzilla."




Fotos/Montagen: Fred Tille

Weiterführende Links:

Godzilla | All movies (1954-2014) Full scenes and transformations

Fukushima aktuell: News zur aktuellen Lage im AKW Fukushima






 

Donnerstag, 20. November 2014

MetropolisBlues | Präsentation der Digital Edition 2014


Infos zur Digital Edition 2014

Mein KunstBlog ist erfreulicherweise gut in der Community aufgenommen worden. Als Dankeschön für meine Leserinnen und Leser habe ich aus meinen BlogPosts aussagekräftige Bilder zu einer Digital Edition zusammengestellt. Die Bilder sind als hochwertiger Leinwanddruck ausgeführt und auf einem stabilen Keilrahmen aufgezogen.

Lass dich von deiner Kunstleidenschaft begeistern und gestalte dein ganz persönliches und einzigartiges Wohnambiente durch ein originelles Kunstobjekt.

Oder bereite anderen kunstinteressierten Menschen eine außergewöhnliche Freude. Verschenke ein Kunstwerk auf Leinwand. Und nicht vergessen. Weihnachten kommt jedes Jahr immer wieder überraschend. Das ideale Geschenk zu Weihnachten für dich und deine Freunde.  
Die Edition im Überblick
 

Produktbeschreibung

Mein Bildmotiv ist im Format 20x20cm farbig auf hochwertiger Leinwand gedruckt und auf stabilem Keilrahmen (3,5 cm breit) aufgezogen. Der Rand (2,0 cm) ist in Motivfortführung bedruckt. Mein Bild ist rückseitig auf dem Keilrahmen handsigniert und mit einer Aufhängung versehen. In meinem PostImage auf Leinwand ist der Titel meines Blogs, Publikationsdatum und Titel des Post sowie mein Name mit Monat und Jahr der Produktion eingedruckt. 


Illustration der Produktbeschreibung

Obwohl ich mich bemüht habe, die angebotenen Leinwanddrucke so originalgetreu wie möglich abzubilden, sind durch die Digitalisierung der Fotos, deine Monitoreinstellungen sowie die Art des verwendeten Monitors Farbabweichungen zum Original technisch bedingt möglich. 
 

Trägermaterial und Drucktechnik


Das Trägermaterial ist ein spezieller für den Fotodruck entwickelter, zertifizierter Leinwandstoff mit sehr hohem Weißanteil und mit dicker Grammatur. Das ermöglicht einen klaren Druck mit intensiven Farben. Das Bildmotiv ist in Handarbeit auf einem stabilen Keilrahmen aus hochwertigem Fichtenholz aufgespannt. Der Rand wird bedruckt um den Rahmen gezogen, so dass du keinen Rahmen benötigst.
 
Der Leinwanddruck erfolgt mit modernster leistungsstarker Drucktechnologie in Kombination mit spezieller Latex-Tinte von HP. Diese gewährleistet 75 Jahre Lichtechtheit und verhindert somit ein Verblassen der Farben bei meinen Fotos auf Leinwand.
 
Aus dem Paket direkt an die Wand

Dein Bild ist bei Lieferung schon perfekt aufgespannt und sofort bereit zum Aufhängen. Der Versand erfolgt in geschützter Verpackung als Paket durch DHL.
 
Der Umwelt zuliebe

Beim Leinwanddruck wurde auf Lösungsmittel verzichtet, deshalb ist er auch für Allergiker geeignet. Du bist vor schädlichen Emissionen geschützt.

Der Hersteller bezieht den Strom für die Produktion ausschließlich aus erneuerbaren Energien. Die Keilrahmen aus robustem Fichtenholz werden ökologisch kompensiert durch die Unterstützung von Aufforstungsprojekten. Bei Umwelt- und Klimaschutz werden ökologische Standards eingehalten.
 
Alle Produktinformationen habe ich den Herstellerangaben entnommen.
 
Entdecke die Möglichkeiten


An der Wand und im Regal


Präsentation der Fotodrucke auf Leinwand

Nr.1


Nr: 2


Nr.3


Nr.4

Nr. 5
Nr.6
Nr. 7
Nr. 8

Infos zur Bestellung meiner Digital Edition 2014

Preise:



Vorzugspreis 50,00€. Pro Bild.

Im SixPack (6 Motive) 240,00€.

Gesamt-Edition (8 Motive) 280,00€

Versandkosten:
Innerhalb Deutschlands versandkostenfrei.
Innerhalb der EU (8,79€) und International (15,79€) zzgl. Versandkosten.



Nur solange Vorrat reicht.



In drei Schritten zu deinem Bild.
 
1. Sende mir eine Mail an:


Bitte gib die Nr. und Anzahl des gewünschten Bildes sowie deine vollständige, exakte Lieferadresse an.



2. Sobald deine Mail mit deiner Bestellung bei mit eingegangen ist, bekommst du von mir eine Bestellungsbestätigung per E-Mail.



In meiner Mail findest du folgende Angaben:

Meine Bankverbindungen für deine Überweisung. Lieferung erfolgt der Einfachheit halber nach Vorkasse.



Allgemeine Geschäftsbedingungen und Widerrufsbelehrung



3. Sobald der Kaufpreis auf meinem Konten gutgeschrieben ist, mache ich deine Bestellung so schnell wie möglich versandfertig und lasse sie durch DHL zustellen.



Viel Vergnügen mit deinem Bild.







Donnerstag, 30. Oktober 2014

Chromos goo bugly | Daniel Richter in Innsbruck


Die Galerie im Taxispalais zeigt vom 13. September bis 23. November 2014 die erste österreichische Überblicksausstellung des Malers Daniel Richter(*1962 in Eutin), der zu den wichtigsten  deutschen Künstlern seiner Generation zählt. Richters Werk spiegelt nicht nur den fundamentalen Wandel wider, den das Medium Malerei erfahren hat, seine Bilder bestechen auch durch ihre sinnlich wie intellektuell anspielungsreichen, verschlungenen Interpretationen und Analysen von Kunst und Gesellschaft. Die Werkschau präsentiert Daniel Richters künstlerisches Schaffen seit der Jahrtausendwende und konzentriert sich damit auf seine figürlichen Werke. Unter den 23 in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler ausgewählten Bildern befinden sich Hauptwerke aus den vergangenen 14 Jahren ebenso wie neue Arbeiten, die hier erstmals gezeigt werden. Anhand wichtiger Meilensteine seiner künstlerischen Entwicklung spannt die Ausstellung den Bogen von Richters ersten figurativen Gemälden bis in die Gegenwart und veranschaulicht so dessen thematischen wie stilistischen Werdegang. (Quelle: Pressemitteilung Taxispalais)

Eingangsportal vom Taxispalais mit Werbebannern



 

Kunst und Leben 


Auf dem Weg in die Ausstellung begegnete ich dem Protest einer kurdischen Aktivistengruppe, der sich gegen den Terror der Milizen des IS wandte. Mitten auf der belebten Maria - Theresien - Straße hatten sie einen Infostand aufgebaut. Eine Aktivistin hielt ein handgemaltes Transparent mit der Aufschrift „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“ hoch. Damit verwies sie auf die zahlreichen Plakate, die auf dem Straßenpflaster ausgelegt waren. Sie dokumentierten die Gräueltaten der Terrormilizen und das Elend der Bürgerkriegsflüchtlinge. 

Innsbruck | 24. September 2014


Mit diesen Eindrücken im Kopf betrat ich das nur wenige Meter entfernte Taxispalais und schon im ersten Ausstellungsraum hatte ich das Gefühl, das sich der politische Protest von draußen hier drinnen fortsetzte. Das liegt am künstlerischen Ansatz von Daniel Richter, der zeigen will, dass auch heute mit Malerei gesellschaftspolitische Wirklichkeit reflektiert werden kann. Vor allem die Werke D.O.A.XL2011 und D.O.A.XL2012, in denen bewaffnete, dunkle Gestalten den Bildraum stürmen, könnten die dargestellten Kämpfenden aus den Kriegsberichterstattungen von den aktuellen Krisenherden abgeleitet sein. Richter bemerkt in einem Gespräch dazu: „Man braucht die Wirklichkeit nicht, um ein Bild zu malen, aber man braucht die Wirklichkeit, um ein Bild zu erkennen.“ (Quelle: Begleitbroschüre zur Ausstellung).

In der Ausstellung: D.O.A.XL 2011

In der Ausstellung: D.O.A.XL 2012


good, bad and ugly = goo bugly


Chromos goo bugly  ist ein etwas seltsamer Titel, dessen Sinn sich für den Ausstellungsbesucher nicht von selbst ergibt. Das ist typisch für Richter, der die Quellen seiner Bild- und Ausstellungstitel gerne kryptisch formuliert. "Goo bugly" hingegen beruhe nach eigener Aussage auf einer Zusammenziehung von good, bad and ugly. Es handle sich dabei um eine "Wortinnovation", erklärte der Künstler bei einer Presseführung zur Eröffnung der Ausstellung. Ansonsten gilt Wiederkennungs- und Assoziationsfreiheit, betonte der Künstler. Als Richter beim Pressegespräch animiert werden sollte, etwas zu den ausgestellten Werken zu sagen, sagte er: "Aber sie alle haben ja Augen in den Gesichtern". Er empfahl den Anwesenden abschließend: "Die Bilder für sich sprechen zu lassen.“ Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte; Hier schließt sich wieder der Kreis zu Kunst und Leben und damit zum eingangs erwähnten aktuellen tagespolitischen Protest; draußen-vor der Tür.

Innsbruck | 24. September 2014



Die Bilder für sich sprechen lassen


Seine Werke behandeln komplexe malerische und gesellschaftliche Fragestellungen. Richters Bilder sind voll von Assoziationen, Zitaten und Anspielungen auf Kunstgeschichte, Politik und aktuelle Ereignisse. Er verarbeitet Werbeplakate, Comics und Jerry Cottons „Cuba connection“, Pressefotos und Fernsehbilder und entwickelt dabei eine eigene Bildsprache. Einige seiner Inspirationsquellen dokumentiert Richter auf den ersten vierzig Seiten des ausgezeichneten Katalogs zur Ausstellung, an dem er persönlich mit großem Engagement mitgewirkt hat. Noch immer ist in seinen neonfarbenen, leuchtenden Bildern und den transparent,lasierend gemalten Körperumrissen sein künstlerischer Ursprung in der autonomen Politkultur des punkigen Undergrounds von Hamburg zu spüren. Auf mich wirkten einige Bilder wie ausgearbeitete Graffitikunst, wie Ikonen der Sprayerkultur. 

Blick in die Ausstellung


Blick in die Ausstellung


Blick in die Ausstellung

 

Daniel Richter als politischer Maler

Daniel Richter verbindet mit seiner Künstlerrolle gesellschaftliche Verantwortung. Er stellt sich die Frage: Für wen soll ich eigentlich malen und welchen Inhalt müssen meine Bilder haben? Die Bilderwelt des Daniel Richter prangert Missstände unserer zeitgenössischen Lebenswelten und abgründigen, weltpolitischen Zustände an. 


Ausstellung | Raum 1 mit "Jawohl und Gomorrah", links



Richter entwickelt in seinem Œuvre eine politische Dimension, die die Malerei selbst besitzt. "Es reicht, gemessen an eigenen politischen Ansprüchen, nicht aus, rassistische Gewalt abzubilden", formuliert Richter in einem Gespräch mit dem Kurator Philipp Kaiser, "denn für den Faschisten ist auch die Darstellung faschistischen Unrechts ein Genuss, vielleicht sogar sein einziger, denn in diesen Bildern beweist sich seine Macht. So ist die moralische Eindeutigkeit dieser Bilder eben auch ihre Schwäche." (Quelle: ART-Kunstmagazin, 5/09, S. 43) Der wirkt er entgegen. Skeptisch gegenüber allen Botschaften, setzt er die eigenständige, ästhetisierende Kraft der Kunst ein, um fernab vom Abbildcharakter überzeitliche Gefährdungen der humanen Orientierung aufzuzeigen. Dieses Kunstverständnis und seine Art zu malen, kommt meinem eigenen künstlerischen Ansatz sehr entgegen. Auch Richter malt Bilder aus der Zeit um 5 nach 12 und versucht künstlerische Antworten auf eine Welt zu finden, die aus den Fugen geraten zu sein scheint.

Seine neuesten Werke

Seine neuesten Werke Halber Akt, the call oder the message sind für mich noch etwas gewöhnungsbedürftig, da ich persönlich seine großformatigen, farbstarken, oszillierenden Bilder eindrucksvoller finde. 


In der Ausstellung: the message




 
Rechtes Bild: the call

 

Diese Bilder sind relativ monochrom gehalten. Klar konturierte rechteckige Bildausschnitte werden von verbogenen Baumstämmen und wuchernder Vegetation eingerahmt. Das Bildpersonal wirkt ruhig, unaufgeregt mit sich selbst beschäftigt. Ihre Körperhaltungen und Handlungen erscheinen diffus. „Ganz bewusst, habe er die Körperhaltungen so gehalten, dass es nicht klar ist, ob das jetzt autoerotische Akte der Frustration und Erschöpfung sind oder ob es Leute sind, die eine SMS verschicken.“ (Quelle: Begleitbroschüre zur Ausstellung).
 

Hey Joe und Bas | Taliban und Boatpeople


Aus dem umfangreichen Werk von Daniel Richter möchte ich exemplarisch zwei große Werkgruppen herausgreifen, in denen er sich mehrfach mit dem Kriegsgeschehen in Afghanistan oder dem Irak sowie mit den Boatpeople beschäftigt.


Im Vordergrund: HEY  JOE
 


In HEY  JOE stehen der Malboro-Cowboy und der einheimische Paschtune in friedlicher Eintracht beieinander. Der Turbanträger gibt dem Cowboy Feuer. Zusammen mit den kargen Berglandschaften der Bilder im Nebenraum assoziiert der Betrachter unwillkürlich unwegsame Gebirgswelten im Hindukusch, Taliban und Kalaschnikows. Ist HEY  JOE eine Anspielung auf die einstige Unterstützung der Taliban durch die USA gegen die Sowjetunion?


In Bas treibt ein kleines orangefarbenes Schlauchboot in einem gewaltigen Wellengebirge. Die Menschen, die weder Motor noch Ruder zur Verfügung haben, um das Boot zu steuern, klammern sich verängstigt aneinander.

Rechtes Bild: Bas

In dieser Werkgruppe gibt es noch zwei ähnliche Bilder, namens Tarifa und Flash. Das Bild Flash habe ich in der Ausstellung „60 Jahre 60 Werke“ vom 01.05.-14.06.2009 im Martin Gropius Bau Berlin sehen können. Flash zeigt ein umgekipptes Boot, an dem sich mehrere in einem dunklen Gewässer schwimmende Menschen festzuhalten versuchen. Mit diesem Motiv knüpft Richter an die beinahe täglichen Medienberichte über im Mittelmeer in Seenot geratene überfüllte Flüchtlingsboote an.
In seinem Roman „Sand“, der in einem fiktiven Ort namens Targar in Nordafrika spielt, stellt Wolfgang Herrndorf ein Zitat des antiken Geschichtsschreibers Herodot an den Anfang des ersten Buches seines Romans mit der Überschrift „Das Meer.“:
„Wir schicken jedes Jahr – und scheuen dabei weder Leben noch Geld – ein Schiff nach Afrika, um Antwort auf die Fragen zu finden: Wer seid ihr? Wie lauten eure Gesetze? Welche Sprache sprecht ihr? Sie aber schicken nie ein Schiff zu uns.“

Heute aber schicken die Menschen Afrikas Boote zu uns. Und welche Antworten geben wir?
Richter antwortet mit seiner Malerei in sehr spezieller Form, indem er sich nicht davor scheut, politische Verhältnisse zu ästhetisieren und damit künstlerisch adäquat darzustellen. Obwohl Daniel Richter eine Vielzahl seiner Inspirationsquellen aus den Printmedien, von Katastrophen aller Art, Straßenschlachten, Bürgerkriegen und Protestaktionen bezieht, gibt der Künstler selten direkte, explizite Hinweise auf bestimmte Ereignisse. Er gestaltet mit den eigenständigen Mitteln der Malerei universale Aussagen zur globalen Bedrängnis der conditio humana. In seinen Werken kommt eine für die moderne Lebenswelt charakteristische Atmosphäre von Angst und Unbehagen zum Ausdruck.

Fotos: Fred Tille

Weiterführende Links: