Privater Kunstblog zum Thema:

Künstlerisches Handeln in Zeiten globaler Umbrüche


Die Welt von heute scheint aus den Fugen geraten. Sie ist durch große Unsicherheit, Unübersichtlichkeit und Fragilität, Krieg und Flucht, Terror und Gewalt geprägt. Damit ist die Entwicklung unserer zukünftigen Lebenswelten wieder zu einem bedeutsamen Schwerpunkt in der Kunst geworden. Auch die Erkenntnisse und Prognosen der Techniksoziologie und der Zukunftsphilosophie werden zunehmend als Gegenstand der Kunst entdeckt. Die bildende Kunst, das Theater, die Literatur und der Film reagieren darauf auf unterschiedliche Art und Weise. Mich beschäftigt die Frage, wie kann sich der Künstler, der ja Teil dieser Entwicklungen ist, den sich daraus ergebenden existentiellen Herausforderungen sinnvoll nähern? In diesem Zusammenhang möchte ich meine Bilder aus der Zeit um 5 nach 12 in lockerer Folge vorstellen. Texte zu den globalen Auswirkungen des westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems ergänzen diese bildlichen Darstellungen. Über Reaktionen von Künstlern, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen, würde ich mich freuen.


Freitag, 12. August 2016

Grenzgänge | Review auf eine Ausstellung | Teil 2


Ob Pendler oder Migranten. Schon immer trieb es Menschen über Grenzen. Auch über eigene. Hin und zurück, oder für immer fort. Die Künstler denken den Grenzgang noch weiter. 

Neben den politischen Aspekten werden soziale, psychische,
mythologische und wirtschaftliche Gesichtspunkte beleuchtet. 

Sie begeben sich auf die Suche nach technologischen, moralischen,  ethischen Grenzen, kommentieren das Überschreiten. 

Sie finden oft nur einen schmalen Grat zwischen Erhalt und Verfall, Neukonstruktionen und zerstörenden Innovationen, Verbesserungen
und Destabilisierungen.

Eine Ausstellung von neun Künstlern, die sich als Maler, Zeichner,
Fotografen oder Bildhauer einer der wohl aktuellsten Thematik der
Zeit zuwenden – der Überwindung von Grenzen.
Ihre jeweiligen künstlerischen Ansätze haben sie versucht konzentriert in ca. 100 Worten zusammenzufassen.

Die Ausstellung fand vom 19.09.2015 bis 18.10.2015 in der Schinkelkirche in Petzow/Werder statt.

AUSSTELLENDE KÜNSTLER

DEJO Denzer
Ellen Ernst
Ekhard Gaede
Olaf Kaminski
Krystyna Kauffmann
Helga Lehner
Dietmar Steinkamp
Fred Tille
Gabriele Tille-Tagge


Krystina Kaufmann
Geboren in Graudenz an der Weichsel.
Lebt und arbeitet in Caputh
am Schwielowsee.
Buchautorin, Kuratorin und Mitglied der
Deutschen Fotografischen Akademie.

Diener des Leidens

Bettler

Kind als Bettler am Straßenrand in Nepal

Krystina Kaufmann zeigt in ihren Arbeiten Diener des Leidens, die sie in Nepal fotografiert hat.

Lebewesen, die im Namen einer Idee gefoltert, verstümmelt, zu übermäßiger Arbeit gezwungen werden, verbleiben vor der Grenze der Menschlichkeit. Ihr Dasein wird beschränkt, ihre Existenz abhängig vom Wohlwollen der Anderen.

Ihre Hoffnung ist das Überschreiten der Grenze – der Tod und eine Beisetzung, den religiösen Vorstellungen angemessen. Erst danach kann ein neues Leben beginnen. Der Glaube an Wiedergeburt, die Überzeugung, dass das Leiden sich „gelohnt“ hat, ist ihr Trost. 
Der Sinn der Kasteiung ist die Hoffnung, dass das Leiden und die dem religiösen Ritus angemessene Beisetzung helfen werden, die Grenze zum besseren Leben zu überschreiten.

Helga Lehner
In Würzburg geboren, lebt seit 1976 in Berlin.
Seit 1979 Beschäftigung mit Fotografie,
von 1979 bis 1986 Teilnahme an der von dem
Fotografen Michael Schmidt gegründeten
„Werkstatt für Fotografie“.


Unterkunft Athleten
Jesse Owens Haus
Schwimmbad
Speiseraum der Nationen

Im Gelände des Olympischen Dorfes

Das Olympiadorf von 1936 in Elstal – im ständigen Wechsel seiner Geschichte an den Grenzen von Zerstörung, Verfall und vorsichtigem Erhalt, der im Bauhausstil errichteten Gebäude – bis heute.

Dietmar Steinkamp
1961 in Osnabrück geboren.
Lebt und arbeitet in Schönwalde-Glien.
Absolvent der HdK Berlin,
Senior Art Director. Ölmalerei,
Grafik, Electronic & Fractal Arts.
Seit 1980 Ausstellungen.

Tritychon Tafel 1

Triptyhon Tafel 2

Triptychon Tafel 3

Das Auge überschreitet die Grenze zuerst. In Dir, vor Dir oder zusammen mit anderen.
Ein avantgardistischer Hund blickt in das Auge des Stieres, und Mammon sieht alles.

Fred Tille
In Berlin-Charlottenburg geboren.
Lebt und arbeitet in Berlin, Schönwalde-
Glien und Angermünde. Sujetgestützte freie
Malerei mit den zentralen Themen Zukunftsphilosophie
und Techniksoziologie. Seit 1994
Ausstellungen in Berlin und Brandenburg.

Triptychon Tafel 1 Transit #1
Triptychon Tafel 2 Transit #2
Triptychon Tafel 1 Transit #3

Tausende Flüchtlinge aus den Bürgerkriegsgebieten Afrikas und des nahen Ostens suchen einen Weg hinein nach Europa. Krieg, Flucht und Elend treiben die Menschen in einen gefahrvollen Transitzustand.

Gabriele Tille-Tagge
Geboren in Berlin-Wedding.
Lebt und arbeitet in Berlin und Angermünde.
Beschäftigt sich v.a. mit street photographics
und sozialkritischer Fotografie.
Hat als ihr Hauptthema den benachteiligten
Menschen.








Auf sechs Fotografien werden Täterorte gezeigt, an denen Menschen ethische Grenzen überschritten haben.

Völkermorde, Pogrome, Einzeltaten – Vieles ist heute bereits in den Erinnerungsschatten der Gesellschaft geraten.


Copyright für Texte, Werkabbildungen, Fotos bei den Künstlern.


Samstag, 25. Juni 2016

Grenzgänge | Review auf eine Ausstellung | Teil 1

Ob Pendler oder Migranten.  Schon immer trieb es Menschen über Grenzen.  Auch über eigene.  Hin und zurück, oder für immer fort.  Seit dem letzten Weltkrieg gab es nicht annähernd so viele Menschen auf der Flucht wie heute. Sie alle suchen den besseren Ort, an dem ein Leben ohne Verfolgung, ohne Terror und Angst, ohne Armut möglich ist. Der Grenzgang ähnelt heute einem Sprung. Flüchtlinge fallen in eine andere Welt, ohne zu wissen, was sie erwartet. Oft verlieren sie alles, auch ihr Leben.


Eine Ausstellung von neun Künstlern, die sich als Maler, Zeichner,
Fotografen oder Bildhauer einer der wohl aktuellsten Thematik der
Zeit zuwenden – der Überwindung von Grenzen.
Ihre jeweiligen künstlerischen Ansätze haben sie versucht konzentriert in ca. 100 Worten zusammenzufassen.

Die Ausstellung fand vom 19.09.2015 bis 18.10.2015 in der Schinkelkirche in Petzow/Werder statt.

AUSSTELLENDE KÜNSTLER

DEJO Denzer
Ellen Ernst
Ekhard Gaede
Olaf Kaminski
Krystyna Kauffmann
Helga Lehner
Dietmar Steinkamp
Fred Tille
Gabriele Tille-Tagge




DEJO Denzer
1957 in Ratingen geboren,
lebt und arbeitet in Schönwalde-Glien.
Kunstausstellungen europaweit seit über 35 Jahren.

Mumienkopf | Materialcollage

Exemplarisch für reale Grenzgänge ist die
Flucht aus Afrika in das „gelobte Land“ Europa,
dargestellt durch den von Stacheldraht umwickelten Rettungsring.
Für intrapersonelle Grenzgänge stehen Mumienköpfe,
die wie Vexierbilder erst beim zweiten Hinsehen
ihre wahre Provenienz offenbaren.

Ellen Ernst
Geboren in Berlin, wo sie lebt und arbeitet.
Acryl- und Ölmalerei, Mischtechniken mit
Spachtelmassen und Collageelementen.
Seit 1998 zahlreiche Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen
in Berlin und Brandenburg.



Kämpferinnen 1-3

Kurdische Peschmerga-Milizinnen kämpfen
an der syrischen Grenze gegen den IS.
Was lässt diese Frauen zu den Waffen greifen?
Eine Portraitserie über diese so unterschiedlichen Frauen,
die eingemeinsames Ziel eint.


Ekhard Gaede
Geboren in Potsdam/Babelsberg, lebt in Berlin.
1966 Beginn der fotografischen Tätigkeit.
Veröffentlichung von Fotografien im Reiseführer „Thailand“
,Scheuble & Baumgartner 1990.
Teilnahme an zahlreichen Ausstellungen.


Notunterkunft für Geflüchtete in Berlin

In der Mitte unserer Gesellschaft angekommen,
aber nicht dabei?
Flüchtlinge und Asylsuchende zwischen
Hoffen und Bangen.

Olaf Kaminski
Geboren 1950 in Berlin.
Studium an der HdK Berlin
und der Uni Hildesheim.
Malt, zeichnet, illustriert Bücher und
Plakate.
Arbeitet als Musiktherapeut in Berlin.

Fossi Matto

Fossi Matto! Wem gehört der Mond?
Antigone ist ein bisschen traurig geworden.
Die Piccolina vom Schwielowsee macht sich
Mut mit einer kleinen Melodie:
„Wenn ich ein Junge wär.. tülü..
mit einem Motorrad.... tülü tülülü...“


Blicke in die Ausstellung



DEJO Denzer | Mumienköpfe

Ellen Ernst | Peschmerga-Kämpferinnen
Ekhard Gaede | Notunterkünfte


TEIL 2 der Ausstellung GRENZGÄNGE folgt demnächst.

Copyright für Texte, Werkabbildungen, Fotos bei den Künstlern






Sonntag, 24. April 2016

Jack the Dripper | Jackson Pollock in Berlin

"Jackson Pollocks Werk »Mural« ist nicht nur ein herausragendes Bild, es ist auch bahnbrechend für die Entwicklung der Kunst der amerikanischen Moderne. Mitten im vom Zweiten Weltkrieg traumatisierten 20. Jahrhundert erschien Pollocks monumentales Wandgemälde wie ein Tor, durch das der Abstrakte Expressionismus Einzug hielt." (1)
Vom 25. November 2015 bis zum 10. April 2016 präsentierte die KunstHalle by Deutsche Bank unter dem Titel Jackson Pollock´s Mural, Energy Made Visible Pollocks monumentales Wandgemälde.



2,5 Meter mal 6,0 Meter Malerei für Peggy Guggenheim


Ohne den spektakulären Auftrag von Peggy Guggenheim das Entree zu ihrer neuen Wohnung in Manhattan mit einem Wandgemälde zu versehen, gäbe es kein Mural und möglicherweise wäre die gesamte amerikanische Kunstszene eine andere geworden.

Die als etwas exzentrisch geltende Sammlerin, die nach der Besetzung von Paris durch die Nazis in die USA zurückgekehrt war, hatte sich in den Kopf gesetzt, der amerikanischen Malerei eine neue Richtung mit mehr Drive zu geben. Der junge Pollock, damals ein noch unbekannter Maler, erschien ihr da als der richtige Mann. Und Pollock nutzte die einmalige Chance, die sich ihm bot.



Wenn der Malpinsel zum Schlaginstrument wird


Im Sommer 1943 machte er sich an die Umsetzung von Mural auf der größten Leinwand, die Pollock jemals bearbeitet hatte. Er wagte den großen Wurf.

Pollock machte Schluss mit der Begrenzung des Bildes durch einen Rahmen. Er holte es von der Staffelei auf den Boden und er malte mit vollem Körpereinsatz. Den kassischen Malpinsel nutzte er-wenn überhaupt- nur noch als Schlaginstrument für den kraftvollen Farbauftrag. Für Pollock wurde die Leinwand zu einem vitalen Kraftfeld. So radikal im künstlerischen Zugriff war keiner vor ihm gewesen. Es kam einer Revolution in der Malerei gleich und Mural wurde zur Geburtsstunde des Action Paintings und des bedeutendsten Künstlers der USA. Sein Werk wurde zum Fanal des Abstrakten Expressionismus. Auf der riesigen Fläche von Mural fand Pollock künstlerisch zu sich selbst, zur großen Geste und zur explosiven Kraft seiner Drip Paintings, mit denen er 1947 begann. Bald nannte man ihn Jack the Dripper.

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Jackson Pollock’s Mural: Energy Made Visible


Jackson Pollock’s Mural: Energy Made Visible lautete der Titel der Ausstellung in Berlin.
"Im Zentrum von »Mural« steht Pollocks Absicht, Energie und Bewegung sichtbar zu machen und eigene mentale Bildvorstellungen abzubilden. Der 1912 in Wyoming geborene Künstler war inspiriert vom weiten offenen Raum des Westens, den ungebändigten Kräften der Natur und der vitalen Ursprünglichkeit Amerikas als Gegenbild zur raffinierten europäischen Kultur. »Jackson Pollock’s Mural: Energy Made Visible« dokumentiert, warum dieses Bild die Kunstgeschichte revolutioniert hat." (2)

In Mural entfalten sich hier erstmals in radikaler Freiheit die halb-abstrakten Figurationen. Wie Flammen flackern die Formen auf, die Pollock zuvor an vielen Kleinformaten erprobt hatte. 



Mural | Tanz der Kreaturen


Die Kreaturen, die länglichen schwarzen Figuren, eine Art Dämonen, Irrwische, Vogelköpfe, Schlangenleiber und bizarre Augengewächse tanzen, wirbeln schlingernd durcheinander. Über sie legen sich grünliche Zeichen, die ihren eigenen Tanz aufführen. Das Ganze vermengt sich zum all-over-painting. Die Farbe ist noch gezähmt und trotz aller Wildheit zeigt sich deutlich, dass die bemalte Fläche eine vom Maler komponierte und durchaus kontrollierte Show ist.

Mural Detailansicht


Muralismo, Totems und Picasso


Auf der Suche nach Inspirationsquellen wandten sich die Abstrakten Expressionisten verschiedenenen Quellen zu.
Pollock´s monumentales Mural vereint in sich völlig neue, divergente Einflüsse des mexikanischen Muralismo von Diego Rivera, der Bildsprache der Ureinwohner Nordamerikas, des Schaffens Picassos – insbesondere aus der Periode seines Werks »Guernica« (1937) – und der Reportagefotografie der Kriegsjahre.

Eine aufschlussreiche ergänzende Präsentation weiterer zentraler Werke 
Pollock´s zeigte in Berlin die Vorgeschichte, Inspirationsquellen und Nachwirkungen seines künstlerischen Schaffens.

So führte die Schau vor wie Pollock vor Mural an viel kleineren Formaten arbeitete. Figürlich wie man am weißen Strichmännchen Icarus oder an Bird Effort sehen kann.

Links: Icarus-Rechts: Bird Effort

In den Jahren 1935 bis 1938 entstanden die kleinformatigen Panels A-D auf Hartfaserplatten. Ein strenger, abstrakter Pollock in Minigröße und durchaus ein Vorläuferentwurf für das spätere Mural.  

Jackson Pollock, Untitled Panels A-D, ca. 1934-38

Einflussreich war auch Pollocks Interesse an der Action Photography, die er in einer Fotoausstellung, die 1943 im MoMA lief, kennenlernte, als er gerade an Mural arbeitete. Hier war es insbesondere das Prinzip von Reihung und Rhythmus, das ihn faszinierte und das in Mural als Basiselement wiederzufinden ist.

Hervorzuheben sind dabei auch noch die Fotografien von Herbert Matter, Barbara Morgan und Gjon Mili, die eine große Inspirationsquelle für Jackson Pollocks Vorstellungen von der malerischen Darstellung menschlicher Energie darstellten.

Action Photography-Ausstellungsansicht

Gijon Mili, Alfred Hitchcock during the filming of "Shadow of a Doubt", 1943

Eine Auswahl von Arbeiten von Künstlern, die ihm nahe standen oder von Künstlern, die in der Folgezeit auf sein künstlerisches Vermächtnis reagierten, wurde in der Berliner Ausstellung ebenfalls gezeigt.
Lee Krasner und Robert Motherwell sowie Andy Warhol und David Reed seien hier besonders erwähnt.

Oben links: Robert Motherwell, Elegy to the Spanish Republic, No. 126, 1965-1975-Unten links: Lee Krasner, Another Storm, 1963-oben rechts: David Reed, #600-3,-Unten rechts: Andy Warhol, Yarn Painting, 1983

Der Anfang am Ende


Zweiter Weltkrieg, Judenverfolgung und die Verdammung der modernen Kunst durch die Nationalsozialisten als Entartete Kunst führten zu einer Immigrationswelle europäischer Künstler in die USA. Sie übten dadurch starken Einfluss auf zeitgenössische amerikanische Künstler aus.
Dabei handelt es sich weniger um eine Stilrichtung als ein Konzept, Kunst in spontaner Weise und ohne die Beschränkung durch herkömmliche Formen auszuführen. Die surrealistische Haltung als eine Voraussetzung freien Schaffens hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Anfänge des Abstrakten Expressionismus. Zu den führenden Kräften der Bewegung zählten Jackson Pollock, Willem de Kooning und Mark Rothko. Diese Generation der Künstler ist von einer tiefen Skepsis gegenüber zweifelhaften Auswüchsen des Fortschritts geprägt, vor allem durch die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und dem Abwurf der Atombombe auf Hiroshima und Nagasaki im Sommer 1945 und die Gefahr einer aus dem Gleichgewicht geratenen Wissenschaft im Allgemeinen.

"Ich selbst hatte in jener Zeit, um ´41 herum, das Gefühl, die Welt nähere sich ihrem Ende. Und wenn die Welt zu Ende ging, spielte die Malerei...keine Rolle mehr", erinnerte sich Barnett Newman später in einem Interview.
Doch weder die Welt noch die Kunst gingen zu Ende. Ganz im Gegenteil. Die Künstler des Abstrakten Amerikanischen Expressionismus verarbeiteten zeitweise in ihren Werken die Traumatisierungen des 20. Jahrhunderts und eines ist klar: Jackson Pollock revolutionierte damals auch in seinen künstlerischen Reaktionen auf die verheerenden Umwälzungen jener Zeit die gesamte Kunstwelt und beeinflusst Künstler bis heute.  

Blicke in die Ausstellung
Pollock vor Mural


Jackson Pollock


Paul Jackson Pollock (* 28. Januar 1912 in Cody, Wyoming; † 11. August 1956 in Springs-East Hampton, New York)

Pollock wurde bekannt mit der von ihm begründeten Stilrichtung des Action Painting. Seine im Drip-Painting-Verfahren angefertigten großformatigen Werke brachten ihm bereits zu Lebzeiten den Spitznamen „Jack the Dripper“ ein.

Pollock war mit der Malerin Lee Krasner verheiratet, mit der er eine Ateliergemeinschaft hatte.

Von 1929 bis 1931 studierte er an der Art Students League in New York

Von 1930 bis 1935 folgten Reisen und Aufenthalte in den Weststaaten und gelegentliche Besuche bei den Navahoindianern in New Mexico

Pollock studierte von 1925 bis 1927 Kunst an der Manual Arts High School in Los Angeles und arbeitete in den Jahren 1927 bis 1929 als Landvermesser in Kalifornien. Er heiratete Lee Krasner im Oktober 1945.

Für die amerikanische Bevölkerung wurde er 1949 durch einen vierseitigen Bericht im Magazin Life zum bekanntesten jungen Maler. Man begann, ihn im beginnenden Kalten Krieg als Botschafter des wilden, ungezügelten, demokratisch-freiheitlichen Amerika zu vermarkten.

Pollock gehörte 1950 zu den drei Künstlern, die zur Biennale nach Venedig entsandt wurden.
Wenig später kamen allerdings sein Alkoholismus und seine psychischen Probleme erneut zum Ausbruch, die eine permanente Arbeitsblockade hervorriefen.

1956 verursachte Pollock unter Alkoholeinfluss einen schweren Autounfall mit seinem Cabrio, den er nicht überlebte. (3)

KunstHalle by Deutsche Bank Berlin-Unter den Linden/Friedrichstrasse

Quellen:

(1) Begleitbroschüre zur Ausstellung by KunstHalle Deutsche Bank Berlin
(2) Ebd.
(3) Wikipedia

Weiterführende Links:




Sämtliche Fotos: Fred Tille

Obwohl meine Fotos im Rahmen der tagesaktuellen Berichterstattung nur allgemeine Ausstellungsansichten ohne explizite, detaillierte Werkfototos zeigen, bitte ich die Urheberrechte der Künstler bzw. deren rechtlichen Vertretungen an den Werken zu beachten.

Für die Bilder von Jackson Pollock:
© Pollock-Krasner Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2015

Für die Bilder anderer Künstler:
© Nachweise s. Flyer zur Ausstellung

Courtesy of KunstHalle by Deutsche Bank | Berlin

Pollokmania | Gitarre "Jackson Pollock" - Waterstone Guitars Nashville im ArtStore der KunstHalle


Samstag, 13. Februar 2016

It’s Only Rock ’n’ Roll | Anton Corbijn in Berlin

Anton Corbijn ist der Fotograf, dem die Stars des Rock und Pop vertrauen. Ob Mick Jagger, Frank Sinatra, Johnny Cash, U2, Nirvana, Nick Cave, Tom Waits, Metallica, Johnny Rotten, Depeche Mode oder Herbert Grönemeyer - er hatte sie alle vor seiner Kamera. Dabei bürstet er das Image der Rockstars, die er am liebsten ablichtet, kräftig gegen den Strich. Seine meist körnigen Schwarzweißbilder von Rockmusikern zeigen Kratzer an der Oberfläche, die Bildausschnitte wirken zufällig, die Komposition und Farbgebung unperfekt. Bewusst und mit voller Absicht verweigert sich der Fotograf formal und inhaltlich der Versuchung nur den üblichen Glamourfaktor abzubilden. Corbijn kann mit den Stars machen, was er will. Die Fotos sind die Stars. 

Das Plakat im Eingangsbereich der Ausstellung zeigt den jungen Corbijn. Das eigene junge Gesicht ist dabei malerisch von einem schwarzen Rahmen umgeben, der wie mit Tusche gemalt zu sein scheint. Der Schriftzug Anton hinter seinem Kopf ist halb durchgestrichen. Das Ganze wirkt wie eine Geste ins Ungewisse und eher wie Malerei als Fotografie.


Zum 60. Geburtstag von Anton Corbijn widmete das C/O Berlin dem Fotografen eine große Retrospektive. Mit 500 Fotografien zeigt die Ausstellung seine Entwicklung vom autodidaktischen Beginn zu einem der einflussreichsten Fotografen der Gegenwart.
Die Ausstellung bestand aus zwei Teilen: Hollands Deep bietet einen Überblick über sein gesamtes Werk der vergangenen 40 Jahre.
1-2-3-4 präsentiert seine Arbeiten aus der Musikwelt. Porträts und ganze Band-Studien entfalten sich hier.

Corbijn ist in seinem künstlerischen Auftritt zurückhaltend. Die Ausstellungsarchitektur wirkt angenehm sachlich und bewusst unterkühlt. Umso mehr Fotografien hängen eng neben - und übereinander. In 40 Jahren Schaffen kommt so einiges zusammen. Gut für den Besucher, denn er bekommt im wahrsten Sinne des Wortes wirklich etwas zu sehen.



Ich habe mir die Ausstellung angesehen und war sehr beeindruckt von der Authentizität der Künstlerportraits. Den grobkörnigen Bildern merkt man an, dass der Fotograf eine enge menschliche Beziehung zu den Portraitierten hatte. Die Fotografien von Musikern, Künstlern und kulturellen Ikonen sind immer Bilder, die unter die Oberfläche gehen. >Ich habe immer nach der inneren Schönheit und innerem Kampf gesucht <. So umschreibt Corbijn seine fotografische Herangehensweise und Ästhetik. Und genau dieses Ringen zwischen innerer Schönheit und innerem Kampf spricht den Betrachter seiner Fofografien unmittelbar an.
An dieser Stelle möchte ich einen kurzen Filmbeitrag (5:03) mit Impressionen und Statements des Künstlers und der Ausstellungsmacher anlässlich der Eröffnung der Retrospektive in Berlin einfügen.

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»Es fällt mir schwer, lächelnde Bilder zu machen.« A.C.


In der Ausstellung ist mir kein Bild in Erinnerung, auf dem gelächelt wurde. Corbijns Fotos wirken sehr ernsthaft und verbreiten eine existentielle Grundstimmung. Er erklärt diese existentielle Seite seiner Kunst mit den frühen Prägungen seines protestantischen Elternhauses, in dem die religiöse Beziehung zwischen Leben und Tod immer eine große Rolle spielte. Diesen biografischen Hintergrund wollte Corbijn mit seiner Hinwendung zur Fotografie überwinden. Das ist ihm nach eigenem Bekunden aber nicht wirklich gelungen. Heute akzeptiert er diese Ernsthaftigkeit, die aber im kreativen Sinne dazu geführt hat, dass seine Fotos >eine tiefe Verletzlichkeit und große Vertrautheit (...) flüchtige, vielschichtige und unendlich fesselnde Nuancen von Initimität< ausstrahlen (1). Als Fotograf und Regisseur porträtiert Anton Corbijn seit bald 40 Jahren Musiker, Schauspieler, Schriftsteller und Persönlichkeiten des Kulturlebens. Viele seiner Bilder sind längst zu Ikonen geworden. Im Folgenden zeige ich Beispiele aus dem Ausstellungsteil  1-2-3-4 . 
Hier präsentiert er seine Arbeiten aus der Musikwelt. Porträts und ganze Band-Studien entfalten sich hier.  



Rolling Stones


Herbert Grönemeyer


Nirwana


Tom Waits

Blicke in den zweiten Ausstellungsteil Hollands Deep

Blicke in den Ausstellungsteil: Hollands Deep: An einer gewaltigen Bildwand hat er 57 Portraitfotos von Künstlern wie Vanessa Paradise, Frank Zappa, Georg Baselitz, Isabella Rossellini, Willem Dafoe, Marianne Faithfull, Jonny Depp u.a. versammelt. Eine gigantische Galerie zur Geschichte des Rock und Pop und der darstellenden und bildenden Künste.


Ausschnitt von der Bildwand


Während seiner Arbeit an der Serie Star Trak erweiterte Corbijn erstmals sein Bildpersonal um interessante Menschen aus Film, Mode, Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Links: Bernd und Hilla Becher, Rechts: Kate Moss

Linke Seite: Steven Spielberg, David Lynch, Rechte Seite: Herbert Grönemeyer, Michael Schumacher


V.l.n.r.: Luc Tuymans, Lucian Freud, Peter Doig, John Baldessari



»Die Wirklichkeit ist nun mal nicht perfekt....Ich lasse etwas Zufälliges, Unperfektes zu, damit alles in der Schwebe bleibt. Denn es zeigt, wie zerbrechlich wir sind.« A.C.



Corbijn arbeitet fast nur schwarz-weiß und bis heute meist analog auf Film. Erst jetzt beginnt er mit dem Experiment, seine Negative zu scannen und digital zu bearbeiten. Der Rechner ist dann für ihn die beste Dunkelkammer, die ein Fotograf haben kann. Er kombiniert damit > das Beste aus beiden Welten<.

Für Anton Corbijn ist das Analoge im Prozess des Fotografieren aber elementar geblieben. Zum Fotografieren geht er raus und macht mit dem vorhandenen Tageslicht seine Bilder. Erst beim Entwickeln erkennt er einige Tage später, was auf dem Film tatsächlich vorhanden ist. Mit dieser Methode vermeidet Corbijn den Versuch, ein Bild immer noch perfekter zu machen. Photoshop und die Versuchungen der digitalen Fotografie sind ihm ein Greuel.

Manchmal steht der Porträtierte außerhalb der klassischen Bildmitte. Die grobkörnigen monochromen Bilder wirken unscharf, manchmal etwas verwaschen. Dadurch entsteht eine tiefe Melancholie. Das Unperfekte ist das stilistische Markenzeichen seiner Fotokunst. Hierzu möchte ich folgendes Beispiel zeigen:

Linkes Bild: Peter Gabriel am Rande des Geschehens als eine verschwommene Figur am Ende einer kurvigen Straße. Wohin führt sein Weg? Rechtes Bild: Die Bildikone mit Miles Davis


»Die Kamera hat mir den Weg ins Leben eröffnet « A.C.


Corbijn wuchs auf einer Insel an der niederländischen Küste auf. Sein Vater war Pfarrer und er ein Einzelgänger, der sich mit Musik in die Welt hinausträumte.
Anton Corbijn nimmt mit 17 Jahren zum ersten Mal eine Kamera in die Hand, um in Groningen die lokale Musikgruppe Solution bei einem Konzert zu fotografieren. In diesem Augenblick sei ihm klar geworden, dass er seine Insel verlassen musste, um zu dieser magischen Welt zu gelangen.
In seiner Serie a.somebody greift Corbijn dieses Thema der Flucht über die Fotografie in die Welt der Musik auf. Hierzu ein Beispiel.

Für dieses Projekt a.somebody kehrte er an seinen Geburtsort zurück. Mit Hilfe von Kleidung, Perücken und Schminke verwandelt er sich zum Beispiel in Elvis Presley (Bild. links) und Janis Joplin (Bild: rechts). Elvis Corbijn steht mit seinen blendend weissen Stiefeln im Dreck inmitten eines Schrottplatzes. Hierzu steht der lilafarbene Straßenkreuzer, der auf einem der Container steht, in einem herrlichen Kontrast. In seiner Hommage an Janis Joplin trägt er eine wallende Perücke und Hippieoutfit und schaut durch rot-runde Brillengläser. Verstorbene Musiker, die er sehr schätzte. Mit diesen Verwandlungen verarbeitet er auch die frühen Prägungen seines protestantischen Elternhauses, in dem die religiöse Beziehung zwischen Leben und Tod eine große Rolle spielte. Indem er a.Presley und a. Joplin wird, zeigt er seine Identifikation mit der internationalen Musikszene und dokumentiert seinen fotografischen Fluchtweg aus dem isolierten Strijn in die weite Welt. Dort sollte er letztendlich a.somebody werden.

»Keiner konnte damals ahnen, dass diese Bilder zu Ikonen werden«. A.C. (2)


Dieses Zitat von Corbijn bezieht sich auf das wohl berühmteste Foto von James Dean, das ihn in am New Yorcker Times Square im Regen zeigt. Das gilt sicherlich aber auch für Corbijns legendäres Miles-Davis-Foto, aufgenommen 1985 in Montreal.
Corbijn war damals für Davis ein unbekannter Fotograf von irgendeinem Musikmagazin. Sechs Minuten wurden ihm für das Shooting gewährt, das in einem Hotelzimmer stattfand.
Er bat Miles Davis für sein Foto einmal das Gesicht mit seinen Händen zu zerknautschen.
Diese spontane unter Zeitdruck entstandene Inszenierungsidee bannte Corbijn fotografisch als einen ungewöhnlich intensiven Moment persönlicher Authentizität.
Corbijn ist kein Freund von Studioaufnahmen und ausgerechnet das Miles-Davis-Foto als eines der untypischeren wurde so zur Ikone, das Corbijn es auch als Header für die Ausstellungswerbung besonders herausstellt.

In der Retrospektive kann man das Miles-Davis-Bild gleich zweimal sehen. Hier ist es als überlebensgroßer Ausschnitt, aufgezogen auf einer Wand, die den Weg zur Ausstellung weist, zu sehen. Die Vergrößerung betont die tellergroßen Pupillen des Jazzmusikers, in denen sich Corbijns Silhouette spiegelt. Ein Bild, das gleichzeitig Porträt und Selbstporträt ist, es zeigt den Meister in seiner Ikone.

Zum 60. Geburtstag von Anton Corbijn bespielt das C/O Berlin erstmals das ganze Haus mit 500 Fotos von Miles Davis bis U2.
C/O Berlin zeigte die Ausstellung als einzige Station in Deutschland.

Zu beiden Teilen der Retrospektive ist jeweils ein eigener Katalog erschienen:
Hollands Deep bei Schirmer/Mosel und 1-2-3-4 bei Prestel.

Hier noch einige Blicke in die Ausstellung.

Eingang zur Ausstellung 1-2-2-4

Blick in den Ausstellungsteil: 1-2-3-4

Blick in den Ausstellungsteil: Hollands Deep



Blick in den Ausstellungsteil: Hollands Deep


Anton Corbijn
wurde am 20. Mai 1955 als Sohn des Pfarrers von Strijen geboren. In einem Interview bekannte er, dass er tief protestantisch geprägt sei. Seine Fotografie bezeichnet Corbijn als protestantisch
Im Alter von neunzehn Jahren wurde er freier Fotograf. 

Bekannt wurde er mit seinen Fotos von Popkünstlern und anderen Prominenten. Das erste Foto, das von ihm in einem Musikmagazin abgedruckt wurde, stammt vom Auftritt der Band Solution in Groningen 1972.
Darüber hinaus stammen viele Plattencover aus der Hand von Corbijn, so zum Beispiel von U2.
Mit den Bands Depeche Mode und U2 ist Corbijn eng verbunden. Beide Bands begleitet er bereits seit vielen Jahren als Art Director.

Corbijn führte Regie bei zahlreichen Musikvideos. Für das Video zu Heart Shaped Box der US-amerikanischen Rockband Nirvana erhielt er 1994 einen MTV-Award.

Am 10. Januar 2008 lief Corbijns erster Spielfilm Control, der die Geschichte von Ian Curtis, dem Sänger der Band Joy Division, erzählt, in den deutschen Kinos an.

2012 wurde er in die Wettbewerbsjury der 62. Internationalen Filmfestspiele von Berlin berufen.

In den letzten Jahren liegt sein Fokus auf Spielfilmen. Als Regisseur von Control (2007), The American (2010), A Most Wanted Man (2014) und Life (2015) ist er weltweit bekannt geworden.

Anton Corbijn lebt in Den Haag und arbeitet immer dort, wo es etwas zu fotografieren oder zu inszenieren gibt. (3)

Ausstellung:
07/11/15 bis 31/01/16
Anton Corbijn . Retrospektive
Hollands Deep & 1-2-3-4
C/O Galerie in Berlin


Die C/O Galerie in Berlin mit Ausstellungsplakat


(1) Quelle: Ausstellungsbroschüre C/O Berlin
(2) Quelle: Art 12/15
(3) Quelle: Wikipedia

Weiterführende Links:


Sämtliche Fotos: Fred Tille
Obwohl meine Fotos im Rahmen der tagesaktuellen Berichterstattung nur allgemeine Ausstellungsansichten ohne explizite, detaillierte Werkfotos zeigen, bitte ich die Urheberrechte des Künstlers, Anton Corbijn, an seinen Werken zu beachten.