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Exhibition view: Norbert Bisky, Polympsest, Esther Schipper Berlin, 2025 Courtesy the artist and Esther Schipper Berlin/Paris/Seoul Photo © Andrea Rossetti © Norbert Bisky / VG Bild-Kunst, Bonn 2025 |
Über die Malerei von Bisky habe ich in meinem Blog schon dreimal berichtet. Diesmal möchte ich Euch seine neuen Arbeiten vorstellen, die er vom 13.06. bis 30.07.2025 in der Galerie Esther Schipper, Berlin ausgestellt hat.
Mit dem Titel Polympsest setzt Bisky - wie in den vergangenen Ausstellungen Pompa und Rant - seine Vorliebe für exotische und etwas kryptische Titel fort.
Polympsest ist eine Wortneuschöpfung von Bisky, die sich aus dem antiken Palimpsest, einem Manuskript, das immer wieder überschrieben wurde, ohne dass die Spuren früherer Texte ganz verschwanden und aus poly, das für Vielfalt steht, zusammensetzt. Nach Bisky beschreibt Polympsest den Zustand, in dem sich nichts mehr eindeutig trennen lässt. Damit wollte er nach eigener Aussage „ein Wort für alle Schichten finden, die in meinen Bildern vorkommen.“ Vielfalt und Überlagerung sind folglich die zwei Grundprinzipien seiner neuen Arbeiten.
Die Basics der künstlerischen Positionen von Bisky könnt ihr in meinen Posts nachlesen:
Bisky geht an die Decke Teil 1
Bisky geht an die Decke Teil 2
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Norbert Bisky Park Society, 2025 Oil on canvas 150 x 200 cm , Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/ Paris/Seoul, Photo © Valentin Wedde , © the artist / VG Bild-Kunst, Bonn 2025 |
Am Auffälligsten ist die Einarbeitung von Buchstaben als neuem Element in Biskys Bildsprache. Er beziehe sich, sagt er, auf die Affichistes, einer kleinen französischen Künstlergruppe, die Plakate, (französisch: affiche) zur Grundlage ihrer Kunst machte. Das Wort Affichist heißt demnach so viel wie Plakatkünstler bzw. Plakatabreißer.
„Als eine Künstlerbewegung der Nachkriegszeit, bei der die Präsenz an den Krieg und seine verheerenden Folgen dominierte, beabsichtigten die Affichisten, die Realität mit all ihrer Verzerrung und Verwüstung in ihrer Kunst zum Ausdruck zu bringen. Ihre Ausdrucksmittel fanden sie folglich in den anonym zerrissenen Plakaten auf den Straßen, die die verzerrte Realität verkörperten.“ (1)
Bisky hat diese Inspirationsquelle nicht nur formal, sondern auch konzeptionell in seine aktuellen Arbeiten einfließen lassen. Die Plakatreste, die in seinen Bildern auftauchen, stammen aus der Umgebung seines Ateliers in Berlin-Friedrichshain. Statt sie jedoch direkt zu übernehmen, hat Bisky die Relikte abfotografiert und malerisch in seine Arbeiten eingefügt.
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Norbert Bisky Petroglyph, 2025 Oil on canvas 150 x 120 cm, Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/ Paris/Seoul, Photo © Valentin Wedde, © the artist / VG Bild-Kunst, Bonn 2025 |
Der Maler zeigt Schauplätze des Berliner Lebens, die durch Zerrissenheit, Widersprüchlichkeit und Gegensätzlichkeit geprägt sind. In seiner Bildsprache trifft Werbung auf Protest, Privates auf Politisches und Schönheit auf Zerstörung.
Auf den Leinwänden tauchen immer noch Jünglinge auf, die zu seinem Markenzeichen geworden sind. Aber sie tummeln sich nicht mehr im Paradies, sie werfen Steine. Sie sind vermummt wie die Demonstranten bei G20-Gipfeln. Sie fallen aus dem Himmel und landen zwischen Palmenzweigen, lichterloh brennenden Luxushochhäusern und taumelnden Hubschraubern. Diese bunte, farbenfrohe Welt brennt. Bei Bisky ist die Apokalypse bunt.
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Norbert Bisky Oblivion, 2025 Oil on canvas 170 x 130 cm, the artist and Esther Schipper, Berlin/ Paris/Seoul, Photo © Valentin Wedde, © the artist / VG Bild-Kunst, Bonn 2025 |
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Norbert Bisky Rewind, 2025 Oil on canvas 190 x 160 cm, Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/ Paris/Seoul, Photo © Valentin Wedde, © the artist /VG Bild und Kunst, Bonn 2025 |
Die Wände der Galeriehalle nehmen das Ausdrucksmittel der Affichistes auf. An etlichen Stellen kleben hinter den Bildern Biskys monochrome Fototapeten, die die Zeichensprache des Großstadtraumes wiedergeben: Schichten von abgerissenen Plakaten, die wieder überklebt wurden. Urbane Überreste von Graffiti und vereinzelte Buchstaben. Diese Präsentationsform korrespondiert meiner Ansicht nach sehr gut mit dem Ausstellungstitel Polympsest und verstärkt die Wirkung der expressiven Bilder. Bildfetzen des Großstadtalltags fliegen über die Leinwände.
Biskys Malerei ist nach wie vor kraftvoll und verarbeitet mit direktem malerischen Zugriff relevante gesellschaftspolitische Themen. In der Ausstellung gibt es für den Betrachter wirklich etwas zu sehen. Zum Abschluss noch ein Zitat des Malers zu seiner Ausstellung Polympsest:
Es geht mir nicht um einen aktuellen Kommentar, das wäre nächste Woche schon veraltet. Aber ich will die Gegenwart spürbar machen.“ (2).
Quellen:
(2) Berliner Morgenpost vom 25.06.2025
Weiterführende Links:
Die Affichisten – Poesie der Großstadt
Hinweis: Dieser Link enthält Kaufwerbung von Amazon. Er vermittelt aber einen guten
Überblick zur Kunst der Affichisten mit Beispielen ihrer Arbeiten.