Zu komplex!
Bei
meinen Recherchen habe ich festgestellt, das das Thema zu komplex
ist, um die drei Beispiele - wie ursprünglich geplant - in einem
einzigen Post abzuhandeln. Der Post würde sich von der Lesedauer so
in die Länge ziehen, dass ihn wahrscheinlich keiner mehr bis zum
Ende liest. Deshalb habe ich das Motto der re:publica19 Konferenz „tl;dr |
Internet-Slang für too long; didn’t read!“ beherzigt und
teile meinen Blogpost auch zur besseren Übersichtlichkeit in eine
Miniserie mit vier Teilen auf. In drei Posts stelle ich die Beispiele
vor, die
die Rolle von KI in der Malerei beschreiben
und im letzten Teil behandle ich überblicksartig die Hauptfragen,
die im Zusammenhang mit Malmaschinen und Algorithmen in der Kunst
diskutiert werden.
Nicht eindeutig!
In den letzten Jahren versuchen
Computer eine der wirklich letzten Domäne der Menschen zu erobern:
Die Kreativität. Die Welt steht am Anfang einer Ära von
intelligenten, selbst lernenden Maschinen, die für sich ohne weitere
Eingriffe durch den Menschen entscheiden, was für die Erfüllung der
ihnen zugedachten Aufgaben relevant und angemessen ist. Das gilt auch
für die Kunst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sowohl
Künstliche Intelligenz als auch
Kreativität nicht
eindeutig definiert sind. Das gilt auch für die menschliche
Intelligenz.
Künstliche Intelligenz (KI) –
im Englischen Artificial Intelligence (AI) – ist
zunächst ein Oberbegriff. Er ist nicht eindeutig, da es schon an
einer präzisen Definition von Intelligenz
mangelt. In der Forschung und Entwicklung wird der Begriff KI dennoch
verwendet. In der Regel ist damit die Erforschung eines intelligenten
Problemlösungsverhaltens gemeint. Mithilfe eines Algorithmus wird
versucht, bestimmte Entscheidungsstrukturen nachzubilden. Ein
Computer kann dann so programmiert werden, dass er eigenständig
Probleme bearbeitet. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung
der Fähigkeit, aus Erfahrung zu lernen und Schlussfolgerungen
aus unvollständigen Informationen zu ziehen.
|
Das ewige Thema: Mensch und Roboter | Collage, Fred Tille, Mixed Media auf Lwd. 18x27cm, 2014 |
In meinem Post verwende ich auch die
Begriffe Machine Learning, künstliche neuronale Netze und
Deep Learning. Sie bilden insgesamt Teilbereiche der
künstlichen Intelligenz und gliedern sich untereinander auf. So ist
das Deep Learning wiederum ein Teilbereich
des Machine Learning.
Im einzelnen möchte ich diese Termini
nicht tiefer gehend erläutern. Das würde den Rahmen dieses
Blogposts sprengen. Für die Beschreibung der
Rolle von KI in der Malerei ist das auch nicht unbedingt
erforderlich.
Aber
nun zum eigentlichen Thema: Kollege Roboter als
Maler!
Lieber Computer, male mir!
In Anspielung auf die Kippenberger
Serie Lieber Maler, male mir, in der der Künstler wandgroße
Gemälde von einer Plakatwerkstatt nach seinen Vorgaben
fotorealistisch anfertigen ließ, setzen Teams von Informatikern,
Webdesignern, Ingenieuren und Künstlern den Computer als
Bildproduzenten ein.
Ein Computer malt ein Bild und erstmals
wird das Gemälde von einem großen Auktionshaus versteigert. Und
sofort lautete die Frage weltweit: Sind Computer bald auch
Meistermaler?
Künstliche Intelligenz hat zur Zeit
Hochkonjunktur und damit auch vollmundige Ankündigungen.
Dabei ist die Geschichte der
Künstlichen Intelligenz eine Geschichte von grotesk überzogenen
Erwartungen. Wer meinen Blogpost Noch 30 Jahre bis 2045 | Singularity-Was bleibt vom Menschen? gelesen
hat, weiß, das ich diesen großspurigen Prognosen skeptisch
gegenüberstehe.
|
Albert
Serra hat erstmalig das Thema Singularity als Teilaspekt des
Komplexes Künstliche Intelligenz künstlerisch bearbeitet.
SINGULARITY | Ein Kunstprojekt von Albert
Serra kuratiert
von Chus Martinez und produziert vom Institut Ramon Llull | Catalonia
in Venice at LA BIENNALE DI VENEZIA | 56th International Art
Exhibition | Eventi Collaterali |
Künstliche und künstlerische
Intelligenz
Künstliche Intelligenz (KI) löst
bei einigen Menschen noch immer Unbehagen aus. Was genau ist das? Was
gehört dazu? Wird der Mensch von der Maschine abgelöst?
Für Malerfürsten wie Markus
Lüpertz ist das Vordringen von KI in die Malerei ein Frevel.
"Wenn die Maschine anfängt zu denken, ist sie in meiner Welt ein
Feind, der den Gottesfunken menschlichen Genies erstickt." (1)
Viele jüngere Künstler dagegen, die mit Apple und Microsoft
sozialisiert wurden, haben keinerlei Berührungsängste mit den
wachsenden digitalen Möglichkeiten. Sie beziehen die Algorithmen
quasi als selbstverständliches Tool in ihre Arbeit mit ein. Einige
betrachten Kollege Roboter sogar als ihre Muse zur Steigerung der
eigenen Kreativität.
Kreativität gilt immer noch als
zentrale Eigenschaft des Menschen. Doch schon heute bringt die
Anwendung von KI neue Musik oder Bilder hervor. Sind solche
Erzeugnisse wirklich kreativ, eine innovative, transformative
Neuentwicklung? Auf jeden Fall dringt die KI immer mehr in den
Bereich der Kunst ein. Dabei entsteht eine Reihe von Fragen. Zum
Beispiel:
Wird der Mensch durch die KI in Zukunft
obsolet oder nicht? Wird Künstliche Intelligenz die menschliche
Fähigkeit zur Kreativität ersetzen oder gar überflügeln können?
Kann Kreativität künstlich in
Systemen modelliert werden und gibt es bereits Beispiele
existierender künstlicher kreativer Systeme?
|
Portrait of Edmond De Belamy ist der Name eines Werkes, das von einer künstlichen Intelligenz hergestellt wurde. Es ist das erste dieser Art, das von einem großen Kunsthaus versteigert wurde. Hinter dem Gemälde steht das Kollektiv Obvious von Hugo Caselles-Dupré, Pierre Fautrel und Gauthier Vernier. Quelle Foto: Wikipedia, gemeinfrei
|
Ist eine Maschine in der Lage,
künstlerisch zu denken?
Fraglich ist, ob Algorithmen jemals in
der Lage sein werden, wirklich Neues unter Einbeziehung der Reflexion
des Zeitgeistes, der sozialen und gesellschaftlichen Umstände und
Denkweisen und auch unterbewusster Ebenen zu produzieren. Das ist
das, was Künstler oder Kunst eigentlich auszeichnet. Kurzum: Ist
eine Maschine in der Lage, künstlerisch zu denken?
Die Anzahl der selbst lernenden Roboter
wird in allen Bereichen weiter wachsen. Auch in der Malerei spielt
die KI eine immer größere Rolle. Wie sie dabei mit Menschen
interagiert, ist von enormer Bedeutung. Wie eingangs erwähnt, stelle
ich in drei Posts Beispiele vor, die die Rolle von KI in der Malerei
beschreiben.
Beispiel 1: Ai-Da malt | Humanoide
Robotergestalt mit eigener Website und Galeristen
Autonome Kunstwerke nur durch
Roboter ohne menschliche Eingriffe aber mit Algorithmenvorgabe.
Als neue Kombination von menschlichem
Äußerem und Künstlicher Intelligenz hat die britische Firma
Engineered Arts den Roboter Ai-Da 2019 fertig entwickelt und der Öffentlichkeit vorgestellt. Als bewusst
humanoid gestalteter Roboter ist sein Korpus mit einer auf 3D
gedruckten Haut aus Silikon bedeckt. Das Gesicht ist mit Augen,
Zähnen und Zahnfleisch sowie Haaren nach der Art von realitätsnahen
Wachsfiguren individuell gestaltet.
Wissenschaftler der Universität Oxford
entwickelten für Ai-Da die KI-Algorithmen, und KI-Ingenieure
der Leeds University steuerten ihren Roboterarm bei. Der Arm verfügt
über einen Zeichnungsalgorithmus, der es ermöglicht, digitale
Informationen in eine physikalische Realität umzusetzen.
Wie funktioniert der Malroboter?
Das Ganze funktioniert so, dass Ai-Da
Informationen durch seine Augen aufnimmt, die er dann verarbeitet
und über seinen Roboterarm mit einem Stift in der Hand auf eine
Leinwand zeichnend, in künstlerisch anmutende Zeichnungen umsetzt.
Weitere Algorithmen erzeugen
Pixelkoordinaten. Die Produktionsfähigkeiten von Ai-Da
werden durch eine bunte inhaltliche Mischung von konstruierten
künstlichen neuronalen Netzen erzeugt. In sein System werden Werke und
Stilelemente von so unterschiedlichen Künstlern wie Pablo
Picasso, Käthe Kollwitz und Max Beckmann eingespeist. Um
einen gewissen zeitgeistlichen Hintergrund zu schaffen, kommen noch
Elemente der Literatur der Schriftsteller Aldous Huxley
und George Orwell hinzu. Zu guter Letzt wird das künstliche
neuronale Netzsystem mit Algorithmen gefüttert, die die Produktion
in der Art abstrakter Kunstwerke ermöglicht. Auf diese Weise
schafft es der Malroboter Ai-Da Portraits
von Computerpionieren wie Alan Turing oder Ada Lovelace,
eine britische Mathematikerin
und Namensgeberin des Roboters - oder abstrakte konstruktivistische
Zeichnungen zu erstellen.
Das folgende Youtube Video zeigt
sehr gut die Arbeitsweise von AI-DA.
|
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liegt. Wenn ihr zur Aktivierung auf das Vorschaubild klickt,
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Was wird mit dem Projekt AI-DA
beabsichtigt?
Inhaltlich und wirtschaftlich wird
AI-DA vom britischen Galeristen Aidan Meller gepowert.
Zusammen mit den bereits erwähnten Universitäten und
Ingenieursfirmen entwickelte er das Projekt.
Die ersten Werke von AI-DA wurden
folgerichtig auch in einer großen Ausstellung unter dem Titel
Unsecured Futures an der Oxford University am 12.Juni
2019 gezeigt.
Aidan Meller will nach eigener
Aussage mit der öffentlichkeitswirksamen Präsentation von Ai-Da eine Diskussion über die notwendige Entwicklung einer Ethik über
Entwicklung und Einsatz von KI-Technologie in der Kunst in den
kommenden Jahren eröffnen.
"Wir brauchen eine neue Stimme, um die
KI und ihre Auswirkungen zu diskutieren. Je mehr ich mich mit diesem
Projekt befasst habe, desto besser habe ich die Aspekte und
Auswirkungen verstanden." (2)
Er möchte auch die Beantwortung der
ewigen Frage, ob der Mensch durch die KI in Zukunft obsolet wird
vorantreiben. Wo bleibt der menschliche Künstler? Wenn es nach Meller geht, wird die humanoide
Robotergestalt Ai-Da diesen Diskurs maßgeblich
beeinflussen. Ai-Da absolviert
deshalb auch neben seinen
künstlerischen Aktivitäten TED
Talks vor großem Publikum.
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Fazit AI-DA: Autonome Kunstwerke nur
durch Roboter ohne menschliche Eingriffe aber mit Algorithmenvorgabe.
Mit dem Malroboter AI-DA haben
Meller, die Informatiker und
Ingenieure im wahrsten
Sinne des Wortes eine Kunstfigur geschaffen, die im
Produktionsprozess selbständig ohne direkte Mitarbeit und
Weiterbearbeitung durch den Menschen maschinell künstlerisch kreativ
ist. Allerdings ist sie dies ausschließlich auf Basis der digitalen
Eingabedaten in Verbindung mit der Verarbeitung der über die
Kameraaugen aufgenommenen und gescannten Rauminformationen. Im
Abgleich mit der Programmierung entsprechen die Ausgabedaten daher
nicht immer und unbedingt den Eingabedaten. Es entsteht ein
Interpretationskorridor. Aber ist das Kunst, was die Algorithmen da
mit Hilfe einer feinen Mechanik erzeugen? Und wo beginnt Kreativität?
Solche Fragen stellen sich zunehmend auch Künstler in aller Welt,
die sie dann aber ganz anders als AI-DA
beantworten.
Und damit komme ich
zu den weiteren Beispielen, die ich Euch in der Fortsetzung meiner
Miniserie vorstellen möchte.
Mein nächster Post mit Beispiel 2 zeigt eine andere Version des
Robotic Painting: Der Roboter arbeitet mit mir, nicht für mich.
Aktueller Hinweis: Roboter Sophia
macht AI-DA Konkurrenz am Markt
Als aktuellen Hinweis möchte ich noch
das teure Selbstportrait einer Maschine erwähnen.
Ein vom menschenähnlichen Roboter
Sophia gemaltes Selbstporträt ist im März 2021 für fast 700. 000
Dollar versteigert worden. Sophia ist im Gegensatz zu AI-DA kein
reiner Malroboter. Dennoch tritt Sophia als Konkurrent am Markt auf.
Sophia wurde 2016 von der Firma Hanson Robotics vorgestellt und war in den vergangenen Jahren auf
diversen Konferenzen zu sehen.
|
Roboter Sophia von Hanson
Robotics, Quelle: Wikipedia CC
BY 2.0 |
Weiterführende
Links zu AI-DA: