Guernica, die heilige Stadt der Basken,
liegt östlich von Bilbao im Norden Spaniens.
Der Luftangriff auf
Guernica am 26. April 1937 durch deutsche
Kampfflugzeuge der Legion Condor war eine militärische
Operation während des Spanischen
Bürgerkrieges im Baskenland.
Die Legion Condor war für
den Hauptteil des Bombardements verantwortlich. Auch das
italienische Militär war an der Operation beteiligt.
Dieser Luftangriff war der erste Verstoß der
deutschen Luftwaffe gegen das Kriegsvölkerrecht.
Durch die Bomben und das anschließende
Großfeuer wurden etwa 80 Prozent aller Gebäude zerstört.
Hunderte von Menschen wurden durch den Angriff getötet. Die
Bombardierung war ein gezielter Schlag gegen die Zivilbevölkerung,
um diese im Kampf gegen Franco zu demoralisieren.
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Das von der Legion Condor zerstörte
Guernica
Quelle: Wikipedia | Bundesarchiv, Bild 183-H25224 | CC-BY-SA 3.0
Es wurden keine Änderungen vorgenommen (Originalbild)
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Das Bild Guernica
Kurz nach Bekanntwerden der
Bombardierung Guernicas entwarf Pablo Picasso sein
Monumentalgemälde. In schwarzen, grauen und weißen Farbtönen zeigt
es den Schrecken jenes Apriltages.
Picasso erreicht durch die Verwendung
universeller, bildlicher Elementarformen eine hohe Verständlichkeit.
So lässt sich auch erklären, dass Guernica zu einem der am meisten
zitierten Bilder der Welt gehört.
Heute befindet es sich zusammen mit
einer umfangreichen Sammlung von Skizzen im Museo Reina
Sofía in Madrid. Anlässlich des 80. Jahrestages der
erstmaligen Veröffentlichung von Guernica zeigt das Museum in
der Ausstellung mit dem Titel Mitleid und Schrecken bei Picasso. Der Weg nach Guernica die Entstehungsgeschichte des Bildes.
Dieses Bild gilt bis heute als das bekannteste Antikriegsbild der
Geschichte.
Guernica
in Berlin: Drei Beispiele
Picasso äußerte sich Dezember 1937
zu seiner künstlerischen Haltung
folgendermaßen:
„Es ist mein Wunsch, Sie daran zu
erinnern, dass ich stets davon überzeugt war und noch immer davon
überzeugt bin, dass ein Künstler, der mit geistigen Werten lebt und
umgeht, angesichts eines Konflikts, in dem die höchsten Werte der
Humanität und Zivilisation auf dem Spiel stehen, sich nicht
gleichgültig verhalten kann.“
Diese künstlerischen Haltung ist bis
heute zum Leitbild vieler Künstlerinnen und Künstler geworden, die
sich der bedeutenden Rolle der Kunst angesichts von Krieg und Gewalt
bewusst sind. Anlässlich des 80. Jahrestages der erstmaligen
Veröffentlichung des Bildes Guernica möchte
ich einige Beispiele aus Berlin vorstellen.
Das erste Beispiel
hat nur indirekt mit Kunst aber direkt mit Guernica zu tun. Im
gutbürgerlichen Berlin- Zehlendorf gibt es mit dem Guernicaplatz
eine Erinnerungsstätte an dieses Verbrechen, das hunderte Opfer
unter der Zivilbevölkerung forderte.
Die
beiden anderen Beispiele zeigen aktuelle Werke des spanischen
Street-art Künstlers Gonzalo Borondo und des Berliner
Dokumentarfotografen Kai Wiedenhöfer. Beide Künstler haben viel
darüber nachgedacht, wie man Krieg und Migration visualisieren
könne.
Borondo
hat sich des Flüchtlingsthemas angenommen. Seine
Botschaft lautet: "Lasst uns offen sein. Hören wir auf, uns das
Drama von der sicheren Seite anzuschauen“.
Wiedenhöfer hat sich dafür
entschieden, die Schrecken des Syrienkrieges anhand persönlicher
Geschichten zu erzählen.
Borondo und Wiedenhöfer wollen mit
ihrer Kunst nicht das Schöne, Hübsche, Glatte und Gefällige
ausdrücken. Ihr Kunstverständnis will das Wirken der Realität
nicht verleugnen. Durch ihren politischen Kunstanspruch verwandeln
sie die Realität in Kunst oder fotografische Dokumentation. Damit
schärfen sie beim Betrachter den Blick für unmenschliche Zustände
in der Gegenwart. Als Künstler übernehmen sie nicht die Aufgaben
des Journalisten, Politologen oder Soziologen. Mit eigener
Handschrift machen sie vielmehr eine persönliche Aussage.
Beispiel
1: Guernica-Platz. Gedenken im Grünen in Berlin-Zehlendorf.
Ein eher unscheinbarer, kleiner Platz,
der nicht gerade zum Umherlaufen oder Verweilen einlädt. Die
Grünfläche an einer Straßenecke trägt den Namen Guernicaplatz
. An der von dichtem Buschwerk bewachsenen Ecke Spanische
Allee und Breisgauer Straße befindet sich die gut sichtbare
Gedenktafel . Sie wurde im November 1998 aufgestellt.
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Originaltext der Gedenktafel:
Die Stadt Guernica wurde von der
deutschen Flugstaffel der Legion Condor im spanischen Bürgerkrieg
1937 zerstört.
Dieses Verbrechen forderte viele Opfer
unter der Zivilbevölkerung.
Die Spanische Allee erhielt ihren Namen
anläßlich der Rückkehr der Legion Condor 1939.
Original
text of the memorial tablet:
The city of Guernica was destroyed by
the german flight-squadron of the Legion
Condor
in the Spanish Civil War in 1937.
This crime prompted many victims among
the civilian population.
The
Spanish Avenue received its name on the occasion of the return of
Legion Condor in 1939.
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Zur Zeit des deutschen Luftangriffs
hieß die Spanische Allee noch Wannseestraße. Die Umbenennung
erfolgte im Juni 1939. Anlass war eine Siegesparade der aus dem
Spanischen Bürgerkrieg zurückgekehrten deutschen Soldaten der
Legion Condor. Mit dem Namen Spanische Allee sollte an den
gemeinsamen Sieg erinnert werden.
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Welches Kriegsverbrechen sich hinter
dem Namen Spanische Allee verbirgt, ist heute kaum noch bekannt. Der
Gedenktafel ist es zu verdanken, dass an die historischen Hintergründe erinnert wird.
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Beispiel 2: In Berlin-Tegel sorgte
ein Wandbild für Aufregung und Ärger, in der ein verletztes
Mädchen in einer Blutlache steht
Ein riesiges vom spanischen Künstler
Gonzalo Borondo geschaffenes Kunstwerk an einer Hochhauswand
in Tegel-Süd erhitzt die Gemüter von zahlreichen Anwohnern an der
Neheimer Straße. Das mehr als 42 Meter hohe Wandbild zeigt eine
trostlose Waldlandschaft vor düsteren Wolken. Darin steht ein
blutüberströmtes Mädchen in seiner eigenen Blutlache. Im
Hintergrund ist ein an einen Baum genagelter nackter Mensch zu
erkennen.
Ist das Kunst, was dort auf die
Hochhausfassaden gemalt ist?
Ja, sagt die Wohnungsbaugesellschaft
Gewobag die dem spanischen Street-Art-Künstler den Auftrag erteilt
hat. Eine mutige Entscheidung, die dem Wohnungsunternehmen große
Proteste eingebracht hat.
Nein, sagen viele Anwohner. Zum
Beispiel die Eltern einer gegenüberliegenden Kita. "Es ist
sehr, sehr erschreckend. Am schlimmsten ist der aufgespießte
Mensch."
Das Werk ist Teil des Kunstprojektes
Artpark Tegel. Geplant sind insgesamt sieben Werke von
Straßenkünstlern des Projekts Urban Nation.
Der Künstler Borondo verteidigt sein
Werk auf Facebook. "Ich mache Kunst und keine Dekoration." Auf
einer weiteren Website kommentiert der
Künstler seine künstlerischen Beweggründe:
„The artist has the responsibility to
struggle every time with the facade to offer a message and open a
dialogue, but this doesn’t mean that the message has to be
universal, immediate or easy to get. Also the process is way more
complicated than that and needs to be the result of a real and deep
relation build with the community not only by the artist, but prior
by the cultural players working in the area. I don’t suggest
happiness with bright colors, I make art and not decoration“.
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Sicherlich hätten sich
die Bewohner harmlose Bildmotive wie an dieser danebenliegenden Wand
gewünscht.
Collin van der Sluijs and Mr. Super A
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Beispiel 3: Der Berliner
Dokumentarfotograf Kai Wiedenhöfer klebt Kriegsbilder aus dem
Syrienkonflikt auf die Rückseite der East Side Gallery in Berlin
-Kreuzberg/Friedrichshain.
Seit 2012 ist der Berliner Fotograf Kai
Wiedenhöfer immer wieder mit der Kamera in Syrien unterwegs.
Von einer Million verletzten Syrern und
Syrerinnen, die seit Beginn des Kriegs in ihrem Land auf der Flucht
sind, hat Wiedenhöfer 40 von ihnen in Flüchtlingscamps und
Zeltstädten in Jordanien fotografiert. Aber kein Museum, keine
Institution wollte die Bilder ausstellen. Um diese Fotos der
Öffentlichkeit dennoch zugänglich zu machen, hat er sie an die
Berliner Mauer geklebt.
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Auf der von der Straße nicht
einsehbaren Rückseite der East Side Gallery zeigte seine
Ausstellung WAR on WALL auf 340 Metern Mauerlänge bis
zum 25. September 2016 Panoramabilder des zerstörten Syriens und
Fotos seiner ehemaligen Bewohner.
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Er hat sich dafür entschieden, die
Schrecken des Konflikts anhand persönlicher Geschichten zu erzählen.
Neben den menschengroßen Porträtfotos der Kriegsverletzten sind
ihre Schicksale auf die Mauer geklebt.
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Yumna,6 und Aid,8
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Khaled, 17 |
Zwischen den Menschen sind immer wieder
drei mal neun Meter große Panoramaaufnahmen der zerstörten Stadt
Kobane zu sehen. Ruinen, Trümmer, Stadtskelette. Sie zeigen die
grausamen Zerstörungen eines Krieges, der noch immer nicht beendet
ist.
Die Internationale Liga für
Menschenrechte hat den Fotografen Kai Wiedenhöfer für seine
Zivilcourage und seinen tatkräftigen Einsatz für die Verwirklichung
der Menschenrechte sowie für die Aufklärung über Ursachen von
Flucht und Migration 2016 mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille
ausgezeichnet.
WAR on
WALL - Ausstellung an der Eastside auf YouTube, 3:10
|
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Zum Abschluss möchte ich noch einmal
auf Picasso zurückkommen. In Anlehnung an Picassos Guernica haben
sich bis heute viele Künstler mit diesem Bild auseinandergesetzt.
Auch in Form von Graffitis und Murals wie das folgende Beispiel La
Buerlinica des Künstlers Cacciatore zeigt.
Im Originaltext seines YouTube Videos
schreibt er: „Tribute to
Pablo Picasso. A protest as Guernica La Buerlinica. Against
all wars and weapon business from 1937-2009."
YouTube Video: La
Buerlinica Berlin Wall. By cacciatore 1990/2009. 5:58
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La Buerlinica von
Cacciatore an der
East Side Gallery in Berlin .
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Picasso soll auch das letzte Wort
gehören.
In der Literatur wird immer wieder ein
Dialog im Pariser Atelier Picassos zwischen dem Künstler und
einem deutschen Soldaten aus dem Jahr 1944 geschildert. Ich kann mir
zwar nicht vorstellen, dass dieser Dialog tatsächlich stattgefunden
hat. Dennoch bildet er einen guten Schluss:
Der Soldat erblickte eine verkleinerte
Reproduktion des Bildes Guernica und fragte:
„Haben Sie das gemacht?“ Picasso
antwortete: „Nein, Sie!“ (1)
Quellennachweise:
(1) Holger Liebs: Picassos „Guernica“
wird 70 – Der unsichtbare Feind. In: Süddeutsche
Zeitung. 19. Mai 2010
Sämtliche Fotos: Fred Tille mit Ausnahme der Foto-Einzelnachweise