Wenn
der Betrachter in den Bilderkosmos eines Peter Doig eintaucht, erlebt
er eine Welt, die in ihrer Art einen ganz eigenen Sog entwickelt.
Doig zeigt zwar reale Motive, die er aber jenseits eines platten
Realismus ins Rätselhafte und Geheimnisvolle übersetzt. Mit einer
Auswahl neuer Werke war Doig, einer der bekanntesten und teuersten
Künstler unserer Zeit, in einer Einzelschau während der Biennale di
Venezia 2015 in der Galleria der Fondazione Bevilacqua la Masa mit
vielen neuen Werken vertreten.
Zwei
Begegnungen mit Peter Doig
Das
erste Mal begegnete ich dem Werk Doigs 2009 in der Berliner Galerie
Contemporary Fine Arts.
Unter
dem Titel Peter Doig -not for sale zeigte die
Einzelausstellung eine Auswahl von Bildern der letzten 20 Jahre aus
deutschen Museen und internationalen Privatsammlungen. Für Peter
Doig war es nach 10 Jahren seine erste Einzelausstellung in Berlin
und dementsprechend war das Publikumsinteresse sehr groß. Kernstück
der Galerieausstellung waren 140 Filmplakate, die Doig für seinen
wöchentlichen Studiofilmclub in Port of Spain, Trinidad, gemalt hat.
Contemporary Fine Arts präsentierte sie zum ersten Mal vereint.
Der
Künstler ist ein großer Filmfan und den Filmclub hatte
er betrieben, um dem
Publikum Filme zu zeigen, die es sonst dort nie zu sehen bekommen
hätte. Einmal die Woche wurden in seinem Atelier in einer alten
Rumfabrik Avantgardefilme, Klassiker und karibisches Kino
präsentiert.
Die
dazu von Doig gemalten jeweils aktuellen Poster sind ganz anders als
seine Gemälde schnell und spontan entstanden. Er gibt dabei nicht
etwa eingängige Filmszenen wieder, sondern Assoziationen, die er bei
Filmen wie Taxi Driver oder Blue Velvet hat. Seine Filmplaklate
kommentiert Doig so:
Wenn
wir ein Bild betrachten, versuchen wir, dem Alltäglichen zu
entkommen.
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Über diese
unscheinbare Treppe betritt der Besucher die historischen Räume des
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Das
zweite Mal begegnete ich dem Werk Doigs 2015 in Venedig. Die
Fondazione Bevilacqua La Masa zeigte im
Palazzetto
Tito 14 Arbeiten, die
Doig in den letzten drei Jahren produziert hatte und die bisher noch
nicht in der Öffentlichkeit zu sehen waren. Es war die
erste Solo-Präsentation des Künstlers in Italien in Verbindung mit
der Biennale in Venedig. Der Künstler selbst hatte vor Jahren den Wunsch geäußert in den
Räumlichkeiten des Palazzetto Tito eine Solo - Exhibition zu
präsentieren. Wunderbar verteilt in den historischen Räumen des
Palazzetto, zeigt Doig neue, auf Trinidad entstandene Bilder.
Entsprechend exotisch die Motive, türkisfarbenes Meer, traumhafte
Figuren, cobaltblau der Himmel.
Hier
eine Auswahl der gezeigten Bilder.
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Night Studio, 2015, Oil
on Canvas, 296x200cm
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Rechts: Speaker/Girl,
2015, Oil and distemper on canvas, 295x199,5cm
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Von
Kanus und Löwen
Kanus
sind ein zentrales und wiederkehrendes Motiv im Werk Doigs. Kanus malt er bereits seit Ende der achtziger Jahre: Sein
wichtigstes Motiv, das er seit 1990 immer weiter variiert hat. Das
wohl berühmteste Kanubild heißt White Canoe. Nach eigener
Aussage hat er das Motiv dem legendären Horrorfilm Freitag der 13.
entnommen. In dessen Schlussszene träumt die letzte Überlebende
eines Ferienlagermassakers, wie sie in einem weißen Kanu auf einem
glatten See treibt, in dem sich die Herbstlandschaft horizontal
spiegelt. In der Spiegelung durchdringen sich Innen- und Außenwelt,
Fiktion und Realität. Die Figuren wirken oft wie ausgesetzt und
verlassen in irrealen Umgebungen. So bildet auch in seinem Werk Echo
Lake eine Filmszene aus demselben Horrorfilm die Bildbasis. Doigs
Version zeigt einen Mann, mit den Armen einen Schalltrichter formend,
allein am Ufer eines Sees, hinter ihm ein Streifenwagen. Nach wem
ruft dieser Mensch, was war vorgefallen und was wird folgen?
Eine
sehr gute Gegenüberstellung der filmischen Inspirationsquellen von
White Canoe und Echo Lake ist im Vergleich mit Filmstills aus Freitag
der 13. auf der Website von Claire Cameron zu finden (Text
in Englisch/English Version).
Die
atmosphärische Dichte der ein wenig unheimlichen Szenen ist eine
Qualität der Bilder, die zerlaufenden Farben und Übermalungen
betonen das Befremdliche und Unerklärliche daran.
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Von Kanus und Löwen:
Zwei Kleinformate in der Ausstellung zeigen die Motive exemplarisch
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Spearfishing, 2013, Oil
on linen, 288x200cm, Venedig
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Auch
in Venedig begegnen wir diesen Motiven wieder. Neben den Kanubildern
gibt es auffällig viele Löwenbilder. Insgesamt habe ich vier Bilder
mit einem Löwen gezählt. Allerdings haben sie nichts mit dem
venezianischen Wappentier zu tun-wie man angesichts der Örtlichkeit
- vielleicht annehmen könnte. Tatsächlich liegen die
Inspirationsquellen in Trinidad. Hierzu schreibt der Künstler: Ich
habe viele Fotos von den Löwen im Zoo in Trinidad gemacht - dem
ersten Zoo mit dem ich als Kind aufgewachsen bin. Es hat sich nicht
viel geändert. Die Idee für den Löwen kommt von Darstellungen des
Rastafarischen Löwen von Juda, die ich an den Wänden von Gebäuden,
verzinkten Zäunen und T-Shirts in Port of Spain gesehen habe. Ich
habe mich auf die verschiedenen Interpretationen dieser mythischen
Figur bezogen. (1) Bei Rain
in the Port of Spain wird die
gelbe Gefängnismauer von Port of Spain zur Wand eines Käfigs, in
dem ein Löwe lauert, eine schemenhafte Figur tritt hinzu, in der
Ferne setzt ein Leuchtturm ein Signal – eine surrealistische
Szenerie, die an de Chirico erinnert.
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Links: Young Lion,
2015, Oil onlinen, 121x162cm | Rechts: Rain in the Port of Spain
(White Oak), 2015, Distemper on linen, 301x352cm
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Lion in the Road, 2015,
Oil and distemper on linen, 200x276cm
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Einsam,
verlassen, unheimlich. Der Bilderkosmos von Peter Doig
Die
Werke Peter Doigs sind
fantastische Expeditionen in eine wunderbare Welt. In ihr blüht die
Natur in kraftvollen Farben. Allerdings nur vordergründig. Doig geht
es nicht um den Entwurf eines Paradieses. Er sucht in seiner Kunst
die Nähe zu jener Grenze, hinter der das Bedrohliche lauert. Überall
verbergen sich auch Schatten und Abgründe, welche die Individuen in
ihrer vermeintlichen Idylle bedrohen. Realität und Absurdität sind
eng miteinander verbunden. Seine Bilder behandeln Stadien des
Übergangs. Wasser als die schillernde Oberfläche der Unterwelt, das
Boot als Symbol des Übertritts in ein Schattenreich, aber auch das
für Doigs Landschaftsbilder typisch Schemenhafte der Figuren
suggeriert die Existenz von seelischen Dunkelzonen. Es sind
Gegenwelten zu einer desillusionierten Gegenwart, die Doig entwirft.
Darin steckt auch ein Stück Gesellschaftskritik des Künstlers.
Folgerichtig antwortet Doig auf die Frage, ob insbesondere seine
mysteriösen Landschaftsbilder etwas Unheimliches und im Irgendwo
lauernde Gefahren beinhalten:
Unsere Welt
ist dunkel und gefährlich. Als Künstler kann man das nicht
ignorieren.
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Rechts: Horse and
Rider, 2014 Oil and distemper on canvas, 240x360cm
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Peter
Doig
Peter
Doig ist ein schottischer Maler, der 1959 in Edinburgh geboren wurde.
Seine
Kindheit war vor allem durch häufige Umzüge geprägt.
1962
zog die Familie nach Trinidad, 1966 dann nach Kanada.
Im
Jahr 1979 ging er nach London. Er interessierte sich für ein Studium
als Bühnenbildner, entschied sich dann aber für Malerei und
studierte an der Wimbledon School of Art, von 1980 bis 1983 an der St
Martin’s School of Art (Abschluss als B.A.), von 1989 bis 1990 am
Chelsea College of Art and Design (Abschluss als M.A.).
Von
1995 bis 2000 war er Kurator der Tate Gallery in London.
Im
Jahr 2002 übersiedelte er mit seiner Frau Bonnie und den fünf
Kindern nach Port of Spain, Trinidad.
Seit
2005 ist er Professor für Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf.
(2)
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Hollands Deep & 1-2-3-4
C/O Galerie in Berlin
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Ausstellung:
05/05-04/10/2015
Peter
Doig
Fondazione
Bevilacqua La Masa
Palazzetto
Tito
Venedig
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Palazetto Tito | Venedig |
Weiterführende Links:
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Interview
mit Peter Doig: Famous artists' are quickly forgotten' |
YouTube/05.00
Quellen: (1) Galerie Michael Werner/Übersetzung: Fred Tille
(2) Wikipedia
Sämtliche Fotos: Fred Tille
Obwohl meine Fotos nur allgemeine Ausstellungsansichten ohne explizite, detaillierte Werkfotos zeigen, bitte ich die Urheberrechte des Künstlers, Peter Doig, an seinen Werken zu beachten.
Courtesy of Fondazione Bevilacqua La Masa
Palazzetto Tito