Privater Kunstblog zum Thema:

Künstlerisches Handeln in Zeiten globaler Umbrüche


Die Welt von heute scheint aus den Fugen geraten. Sie ist durch große Unsicherheit, Unübersichtlichkeit und Fragilität, Krieg und Flucht, Terror und Gewalt geprägt. Damit ist die Entwicklung unserer zukünftigen Lebenswelten wieder zu einem bedeutsamen Schwerpunkt in der Kunst geworden. Auch die Erkenntnisse und Prognosen der Techniksoziologie und der Zukunftsphilosophie werden zunehmend als Gegenstand der Kunst entdeckt. Die bildende Kunst, das Theater, die Literatur und der Film reagieren darauf auf unterschiedliche Art und Weise. Mich beschäftigt die Frage, wie kann sich der Künstler, der ja Teil dieser Entwicklungen ist, den sich daraus ergebenden existentiellen Herausforderungen sinnvoll nähern? In diesem Zusammenhang möchte ich meine Bilder aus der Zeit um 5 nach 12 in lockerer Folge vorstellen. Texte zu den globalen Auswirkungen des westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems ergänzen diese bildlichen Darstellungen. Über Reaktionen von Künstlern, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen, würde ich mich freuen.


Sonntag, 31. Mai 2015

Dua Lisa

Review auf eine Ausstellung | Teil 1


Die moderne duale Lisa. Fremdbestimmt, missbraucht, unterdrückt?
Die Dualität des Ja und Nein. Sie malt Ihren Protest auf die nackte Brust
und schreit Ihn heraus. Sie wird zur Chefin der Generäle und gestaltet
die Armee familienfreundlich.

Die duale Lisa steht am Wendepunkt zwischen archaischer Unterdrückung und der Eroberung immer größerer Gestaltungsräume.
Immer mehr ehemals männliche Domänen fallen, Männlichkeit ist elementar verunsichert, Rollensysteme passen schon lange nicht mehr.

Welcher Teil des Traums wird die Wirklichkeit?


Wie wird Lisas Welt?

Sieben Künstler nähern sich diesem so umrissenen Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Ihre jeweiligen künstlerischen Ansätze haben sie versucht konzentriert in ca. 100 Worten zusammenzufassen.

Die Ausstellung fand vom 14.09.2014 bis 12.10.2014 in der Schinkelkirche in Petzow/Werder statt.

AUSSTELLENDE KÜNSTLER

Klaus Brenneisen
DEJO Denzer
Ellen Ernst
Krystyna Kauffmann
Dietmar Steinkamp
Fred Tille
Gabriele Tille-Tagge





Gabriele Tille-Tagge

Geboren in Berlin-Wedding.
Lebt und arbeitet in Berlin und Angermünde.
Beschäftigt sich v.a. mit street photographics
und sozialkritischer Fotografie.
Hat als ihr Hauptthema den benachteiligten
Menschen in einer Zeit der postmodernen Unverbindlichkeiten
und Beliebigkeiten.
Ausstellungen in Berlin und Brandenburg.

Gabriele Tille-Tagge | Zyklus bestehend aus fünf großformatigen Fotografien (nichtinszenierte
Portraitaufnahmen), die im Rahmen der Feierlichkeiten im südfranzösischen Saintes
Maries de la Mer im Mai 2013 entstanden sind.

Im südfranzösischen Saintes Maries de la Mer ehren Roma alljährlich die heilige Sarah, ihre Schutzpatronin.


Das Anliegen der Fotografien soll sein, einerseits Romni in Sonntagsstaat und Feiertagslaune fotografisch darzustellen, andererseits darauf hinzuweisen, wie groß die Diskrepanz zum Alltagsleben der Romni ist und wie diese Frauen, die neuen Lisas, begonnen haben sich zu organisieren und ihre Forderungen zu formulieren.

Roma Frauen:
verfolgt – verfemt – ausgegrenzt

Die Situation der Roma Frauen ist in Vergangenheit und Gegenwart geprägt von Stigmatisierung und Vorurteilen. Antiziganismus und Negativzuschreibungen sind in der Mehrheitsgesellschaft noch immer tief verankert.
Dabei fungieren die Frauen als Essenz alles Zigeunerischen. Doch vor allem die jungen Romni wehrten sich. Sie haben ein Netzwerk etabliert, das besonders die Zustände in Osteuropa, die längst faschistoide Züge angenommen haben,
anprangert. Roma Frauen engagieren sich inzwischen mehr und mehr für gleichen Zugang zu Bildung, gegen Diskriminierung, für gleiche Rechte und gleiche Chancen. Auch hier haben sich Frauen, die neuen Lisas, auf den Weg gemacht, um alte Klischees abzustreifen und für gesellschaftliche Anerkennung zu kämpfen.

Dietmar Steinkamp

1961 in Osnabrück geboren.
Lebt und arbeitet in Schönwalde-Glien.
Absolvent der HdK Berlin, Senior Art Director.
Ölmalerei, Grafik, Electronic & Fractal Arts.
Seit 1980 Ausstellungen in ganz Deutschland.

Dietmar Steinkamp | Triptychon | DuaLisa

DuaLisa, die junge Frau von heute.
Mens sana in corpore sano?

Das Triptychon ist meiner Freundin Lisa gewidmet, die für mich in meine Metapher der modernen Frau geschlüpft ist: die DuaLisa. Wohl noch nie war es Frauen möglich, so selbstbestimmt zu leben wie im heutigen Europa.
Doch unter der Oberfl äche lauern Zwänge, die dem Individuum oft die Zügel aus der Hand nehmen. Dawkins spricht von Genen und Memen, oder einfacher: von Körper und Geist. Die enorme mediale Vernetzung stellt DuaLisa
ständig auf die Bühne. Ihr Körper als Werk komplexester genetischer Information steht unter dem Druck permanenter Vergleiche. Viele zerbrechen am Schönheitsdiktat. Anpassungsdruck regiert auch Gedankenwelten.
Mobile Erreichbarkeit verführt zur Non-stop-Kommunikation. Die Gedanken sind frei? „Falsche“ Meinungen verglühen im Shitstorm.

DEJO Denzer

1957 in Ratingen geboren,
lebt und arbeitet
in Schönwalde-Glien.
Kunstausstellungen europaweit
seit über 35 Jahren.

Dejo Denzer | Materialcollage | Detailansicht 

Dejo Denzer | Materialcollage  | Gesamtansicht DuaLisaten


DuaLisaten

DuaLisa, mit „Lisa“ als Verkörperung der Weiblichkeit, was die Begriffe Fruchtbarkeit und Fürsorge aber auch Verlockung und Verführung impliziert. Es ist die belebte Biosphäre als der eine Teil der Welt, die in Dualität mit der unbelebten Materie existiert, von der sie abhängig ist.
Das Lebendige schafft mit dem Mittel der unbelebten Kunst, symbolisiert durch das Gemälde Mona Lisa, lebendige Abbilder von Realitäten, Wunschvorstellungen und Mysterien und gibt Raum für Interpretationen, Projektionen
und Phantasien. Diese beiden Kräfte, unbelebt und belebt, Kunst und Realität, Fruchtbarkeit und Tod werden gegenübergestellt, wobei die Bildträger diese Dualität aufgreifen. Lebendiges Holz steht neben Metall und Glas.

Copyright für Texte, Werkabbildungen, Fotos bei den Künstlern

Weiterführende Links:

Gabriele Tille-Tagge

Dietmar Steinkamp

Dejo Denzer