Unter dem Deckmantel des Vampirismus ist Jarmusch ein
geistvoll inszenierter, philosophisch fundierter gesellschaftskritischer Film
gelungen. Durch ihre Reflexionen und Aktionen hinterfragen die Vampire kritisch
aktuelle Entwicklungen in Kunst, Politik und Technik.
In seinem neuen Film geht es vordergründig um die Liebe zwischen zwei unsterblichen Vampiren, Adam und Eve. Adam ist ein hochgebildeter und kulturvoller Vampirmusiker, der in nächtlicher Isolation in einem abgelegenen Haus in Detroit lebt. Er und seine Vampirgefährten haben durch ihr unendliches Dasein über die Jahrhunderte versucht den Menschen die Genialität der großen Kunst und der Wissenschaften näher zu bringen. So hatte Adam früher inkognito Musik für Komponisten wie Franz Schubert komponiert. Ein befreundeter Vampir, der sinnigerweise Marlowe genannt wird, ist der eigentliche Autor von Shakespears Hamlet. Doch die Menschen haben mit diesen Geschenken perspektivisch nichts anfangen können. Für Adam haben sie alles Gute zugrunde gerichtet. Er bezeichnet sie deshalb voller Verachtung als „die Zombies“, die sogar ihr eigenes Blut infizieren. Für ihn ist die Entwicklung der Menschheit eine tiefe Enttäuschung, die ihn melancholisch stimmt. Deshalb will er mit der Welt von heute nichts zu tun haben. Er verweigert sich dem digitalen Zeitalter. Adam sitzt im ausschließlich analog ausgestatteten Heimstudio seines Hauses in Detroit und spielt langsamen, schwermütig angelegten Rock.
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In seinem neuen Film geht es vordergründig um die Liebe zwischen zwei unsterblichen Vampiren, Adam und Eve. Adam ist ein hochgebildeter und kulturvoller Vampirmusiker, der in nächtlicher Isolation in einem abgelegenen Haus in Detroit lebt. Er und seine Vampirgefährten haben durch ihr unendliches Dasein über die Jahrhunderte versucht den Menschen die Genialität der großen Kunst und der Wissenschaften näher zu bringen. So hatte Adam früher inkognito Musik für Komponisten wie Franz Schubert komponiert. Ein befreundeter Vampir, der sinnigerweise Marlowe genannt wird, ist der eigentliche Autor von Shakespears Hamlet. Doch die Menschen haben mit diesen Geschenken perspektivisch nichts anfangen können. Für Adam haben sie alles Gute zugrunde gerichtet. Er bezeichnet sie deshalb voller Verachtung als „die Zombies“, die sogar ihr eigenes Blut infizieren. Für ihn ist die Entwicklung der Menschheit eine tiefe Enttäuschung, die ihn melancholisch stimmt. Deshalb will er mit der Welt von heute nichts zu tun haben. Er verweigert sich dem digitalen Zeitalter. Adam sitzt im ausschließlich analog ausgestatteten Heimstudio seines Hauses in Detroit und spielt langsamen, schwermütig angelegten Rock.
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Twilight |
Obwohl seine Musik, die in Clubs gespielt wird, überaus erfolgreich ist, bleibt er selbst immer im Verborgenen. Menschen mögen keine Vampire, obwohl sich diese im Film insgeheim als kulturelle Wohltäter und Menschenfreunde herausstellen. Um die Menschen zu verschonen, stillen sie ihren Blutdurst beispielsweise mit Blutkonserven, die ihnen der Laborangestellte einer Klinik gegen reichlich Geld zur Verfügung stellt. Doch in seiner genreübergreifenden Vieldeutigkeit ist „Only Lovers Left Alive“ bei Jarmusch natürlich weit mehr als ein weiterer Vampirfilm im Dunstkreis der Twilight-Saga“ Bis(s) in alle Ewigkeit.“ Es ist ein vielschichtiger Film über Existenz und Zeit, über Künstlerdasein und Weltschmerz. Obwohl sie von den Menschen enttäuscht sind, sind sie doch durch ihr Vampirdasein, Stichwort „Blutkonserve“, untrennbar mit ihnen verbunden. Unter diesem Widerspruch der organischen Abhängigkeit und der Abscheu über „die Zombies“ leidet Adam so sehr, dass er an Suizid denkt.
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Verlassenes Wohnhaus |
Man kann diesen atmosphärisch dichten Film aus den verschiedensten Perspektiven betrachten. Ich möchte den Hauptaspekt auf die kunstvolle filmische Darstellung des nächtlichen Detroit legen. Es spielt für Jarmusch eine besondere Rolle. Auf eine Interviewfrage, ob es Zufall, ist, dass "Only Lovers Left Alive" überwiegend in Detroit spielt, antwortet Jarmusch: „Detroit symbolisiert das zerfallende amerikanische Imperium, und es ist auch ein Symbol für die Herzlosigkeit, mit der sich Amerika von allem trennt, was nicht mehr funktioniert: Die Autoindustrie läuft nicht mehr? Vergesst Detroit! Ich bin in Akron, Ohio, aufgewachsen, Detroit war die nächste Metropole. Wir träumten nicht von New York, sondern von Detroit, für uns war es eine magische Stadt. Und die Musikszene war so vielfältig! Unglaublich. Das ist sie sogar heute noch, man kriegt sie einfach nicht tot. (…) Aber wenn man wissen will, wie es um die USA bestellt ist, muss man nach Detroit gehen. Vieles, was in unserem Land nicht stimmt, findet man hier im Extrem.“ (Zit. nach: Der Spiegel., Nr. 52/2013, S. 103).
In wunderschönen poetisch-morbiden Bildern, blickt er in
langen Kamerafahrten fast liebevoll auf die sich auflösende Schönheit der
ehemaligen Metropole. Ganze Wohnviertel sind verlassen. Gespenstisch leere
Brachflächen, mit Brettern zugenagelte Villen und leere Hochhäuser bestimmen
das Stadtbild. Als Eve, die seit langer Zeit in Tanger lebt, bei Adam in
Detroit angekommen ist, um ihn aus seiner depressiven Phase herauszuholen, unternimmt
das Paar nachts Autofahrten durch die menschenleere, triste Stadt. Zu sehen ist
etwa das Michigan Theater, in den zwanziger Jahren als Kino mit über 4000
Sitzen gebaut. Heute wird es als Parkhaus genutzt, bloß das gewaltige
Deckengewölbe erinnert an bessere Tage.
Michigan Theatre |
Eine andere verfallende Attraktion ist die Fabrikhalle
der seit 1958 geschlossenen Packard-Werke, wo einst luxuriöse und legendäre Straßenkreuzer
gebaut wurden.
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Fabrikhalle ehemalige Packard-Werke |
Im ganzen Film gibt es keine einzige Tageslichtaufnahme. Das
erzeugt gerade vor der bankrotten Stadtkulisse von Detroit ein sogartige, dichte
Atmosphäre, die die Verlorenheit der einstigen Metropole spürbar werden lässt.
Mit seiner Nachdenklichkeit und seinen Zweifeln über die
Fehlentwicklungen der Gesellschaft aus Sicht der ewig lebenden Vampire spielt „Only
Lovers Left Alive“ den Metropolisblues. Beispielhaft für diese filmästhetisch
vermittelte Stimmung sei eine Dialogszene genannt.: Adam, der an der Gegenwart
nicht mehr interessiert ist, fragt Eve
sinngemäß: „Geht es noch immer ums Öl? Oder haben die Wasserkriege schon
begonnen?“
Bildnachweis: Alle Fotos von Wikipedia, gem. GNU Free Documentation License
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