Das verselbständigte Wirtschaftswachstum gefährdet weltweit die natürlichen Lebensgrundlagen trotz sozialstaatlicher und ökologischer Korrekturen. Wissenschaft und Technik ordnen sich immer mehr dem Gesetz der Gewinnmaximierung unter. Die Globalisierung der Märkte und die fortgesetzte Ausbeutung der Dritten Welt erzeugen immer neue Krisen, deren Folgen nicht abzusehen sind. Die Planbarkeitsversprechen von Ökonomie, Wissenschaft und Politik enttarnen sich weitgehend als Leertastenprogramme. bei gleichzeitiger Beschleunigung, Vernetzung und Zunahme digitaler Überwachung fast aller Lebensbereiche.
Vorher, Dabei, Nachher | Triptychon, je Tafel H 120cm x B 90 cm, Mischtechnik a. Lwd. | 2010 |
Man braucht kein Anhänger derjenigen zu sein, die glauben morgen würde die Welt untergehen, um festzustellen: Es steht nicht gut
um die Zukunft unseres Planeten. Diese bedrohlichen Szenarien erzeugen bei
vielen Menschen Zukunftsängste, bei einigen mit überdurchschnittlichem
Empfindungsvermögen sogar Endzeitstimmungen.
Von diesen Entwicklungen lassen
sich natürlich auch Künstler beeinflussen; vor allem diejenigen, die in ihr
Werk gesellschaftspolitische Positionen miteinbeziehen. Auch mich interessiert
die Frage, wie kann sich der Künstler, der ja Teil dieser Entwicklungen ist,
diesen existentiellen Herausforderungen sinnvoll nähern?
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Vorher |
Zeitgenössische Künstler wie z.B. Cindy Sherman, Bruce Naumann, Santiago Sierra, Michelangelo Pistoletto spiegeln in ihren Werken zerstückelte, zerbrochene, zerstörte Welten wieder. Explizite letzte Momente beinhalten auch die Zyklen von Helmut Schweizer. Schweizer kombiniert z.B. die zwei Männer, den Mondaufgang betrachtend, aus Caspar David Friedrichs berühmten Gemälde „Mondaufgang am Meer“ mit dem Foto einer atomaren Unterwasserexplosion auf dem Bikiniatoll. “Die beiden Männer scheinen in einer Höhle zu stehen und ins Nichts hinauszuschauen. Für Schweizer birgt das Bild etwas > sehr Endzeitliches. Wenn es irgendwelche letzten Momente gibt, dann werden sie wohl so aussehen <, meinte der Künstler. (Quelle: Gregory Fuller, Endzeitstimmung, Düstere Bilder in goldener Zeit, Dumont, Köln 1994, TB 304, S.160f.). Künstler wie Francis Bacon und Andy Warhol nutzten dabei immer wieder das darstellerische Prinzip des Triptychons oder der Serie, um Zeitabläufe und Zustände künstlerisch darzustellen.
Diese Motive und Stilformen greife
ich in meiner künstlerischen Arbeit auf. Mein Triptychon Vorher, Dabei, Nachher basiert auf dem Prinzip der Dreierserie, der
denkbar knappsten Darstellung eines Handlungsablaufs. Im Dreischritt in die
Katastrophe.
Das Triptychon zeigt zwei junge Männer, die in Freizeitkleidung sorglos, heiter und gelassen, an Gleichgültigkeit grenzend durch sich auflösende Landschaften spazieren. Sie verkörpern eine öffentliche Seelenruhe, die überall erkennbare Symptome nicht zur Kenntnis nimmt. Verdrängung heißt das Zauberwort.
Das Triptychon zeigt zwei junge Männer, die in Freizeitkleidung sorglos, heiter und gelassen, an Gleichgültigkeit grenzend durch sich auflösende Landschaften spazieren. Sie verkörpern eine öffentliche Seelenruhe, die überall erkennbare Symptome nicht zur Kenntnis nimmt. Verdrängung heißt das Zauberwort.
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Dabei |
Am Ende stehen sie
überrascht nur als Umriss- oder Schattenmenschen gezeichnet und schauen erstaunt
in den Abgrund eines bröckelnden Arkadiens. Es ist soweit. Rien ne va plus! Sie
ähneln Menschen, die ahnungslos in einem Minenfeld umherirren und sich dabei
nur um die zukünftige Inflationsrate sorgen.
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Nachher |
Die tief greifenden
gesellschaftlichen, ökologischen Umwälzungen sind künstlerisch nicht wirklich
adäquat darstellbar. Die Welt kann durch die Kunst allein nicht zum Besseren
verändert werden, aber die Kunst kann Zeichen setzen und Mahnungen aussprechen.
Das Triptychon hatte ich 2010 zum ersten Mal im Rahmen einer Gruppenausstellung im Berliner „Haus am Lützowplatz“ ausgestellt. In seiner Einführungsrede formulierte Dr. Heinrich Wörmann, folgendermaßen: „FRED TILLE spielt in seinen Bildern den Metropolisblues mit Endzeitstimmung. Man sieht die brennenden Twin Towers und aktuell stehen einem das verqualmte Moskau oder die Sintflut in Pakistan vor Augen. Es steht nicht gut um uns. Rien ne va plus.“*
Das Triptychon hatte ich 2010 zum ersten Mal im Rahmen einer Gruppenausstellung im Berliner „Haus am Lützowplatz“ ausgestellt. In seiner Einführungsrede formulierte Dr. Heinrich Wörmann, folgendermaßen: „FRED TILLE spielt in seinen Bildern den Metropolisblues mit Endzeitstimmung. Man sieht die brennenden Twin Towers und aktuell stehen einem das verqualmte Moskau oder die Sintflut in Pakistan vor Augen. Es steht nicht gut um uns. Rien ne va plus.“*
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Haus am Lützowplatz, Blick in die Ausstellung. An der Wand im Hintergrund die ersten beiden Tafeln des Triptychons |
* Gemeint sind die gewaltigen
Waldbrände um Moskau und die verheerende Flutkatastrophe in Pakistan (Anm.
d.Verf.).
Siehe hierzu auch:
(Quelle des Zitats: Druckversion
der Begrüßungs- und Eröffnungsrede zur Ausstellung „ÜberBrücken“, Dr. Heinrich
Wörmann, Vorsitzender des Förderkreises Haus am Lützowplatz, Berlin,
12.08.2010).
Weiterführende Links:
Fortschritt als Thema der Philosophie
The Decade From Hell | Ein Kommentar der Washington Post
Fortschritt als Thema der Philosophie
The Decade From Hell | Ein Kommentar der Washington Post