Futurium

Mittwoch, 22. Januar 2014

Das Zeitalter der Fische


Ödön von Horváth im Deutschen Theater Berlin

Am 18.Dezember 2013 hatte die Theaterfassung von Horváths Roman „Jugend ohne Gott“ Premiere in den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin. Seit Erscheinen des Romans 1937 sind 76 Jahre vergangen. Die elementaren Grundfragen, die in diesem Werk gestellt werden, sind jedoch hochaktuell. In seinem Roman, der von den Nazis 1938 verboten wurde, schildert Horváth im Rahmen einer Kriminalgeschichte die soziale Kälte und Verlogenheit der faschistischen Gesellschaft im Deutschland der 30iger Jahre. In ihr wächst eine verlorene Jugend ohne humane Orientierung heran. Der Lehrer und einige wenige Schüler, die noch humanistische Ideale haben, müssen diese unter dem Druck der Herrschenden verleugnen. Der Roman wirft Fragen auf: Woran halten sich die Menschen, wenn ethische Werte als überholt gelten und Lüge, Dummheit und Vorurteile sich in der Öffentlichkeit breit machen? Wie verhält sich der Mensch, wenn massiver Anpassungsdruck auf ihn ausgeübt wird? 

Zweimal Deutsches Theater Berlin: Ödön von Horváth | 1931 und 2014 | Montage und Foto: Fred Tille

Diese elementaren Fragen der menschlichen Existenz sind heute aktueller denn je. Diese Aktualisierung findet allerdings nur im Kopf des Zuschauers und nicht auf der Bühne statt. Nur zu Beginn der Vorstellung vermittelt eine projizierte Textpassage einen Gegenwartsbezug. Hier ein Auszug:
„Gesellschaften unseres Typs werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten mehr und mehr unter Stress geraten, unter Ressourcenstress, Schuldenstress, Migrationsstress. Da sich unsere Welt radikal verändern wird, stehen wir nicht vor der Frage, ob alles so bleiben soll, wie es ist, oder nicht. Wir stehen nur vor der Frage, ob sich diese Veränderung durch Gestaltung oder Zerfall vollziehen wird - ob man sehenden Auges die Verkleinerung des noch bestehenden Handlungsspielraums geschehen und damit Freiheit, Demokratie, Recht und Wohlstand über die Klinge springen lässt. Oder ob man seinen Handlungsspielraum nutzt, um Freiheit zu erhalten, also auch die Freiheit, die Dinge besser zu machen.“
Sonst drohen kalte Zeiten, die Horváth in seinem Roman prognostiziert. Das Zeitalter der Fische.

(Zit. Nach Programmheft des DTB, S. 10f./Quelle: H.Welzer, „Selbst denken“, Frankf./M., S.Fischer 2013)

Weiterführender Link: 

Ödön von Horváth bei Wikipedia

Sonntag, 5. Januar 2014

Der Schwimmer


Wo endet dieses Meer? Wann ist wieder Land in Sicht? Der Ozean mit seinem nie unbewegten Wasser. Veränderung und Neuanfang. Der undurchsichtige Zusammenhang unserer modernen Lebenswelt ist ein merkwürdiger und beunruhigender Vorgang. In einer Zeit, in der „richtig und falsch“ oft nicht mehr so leicht zu deuten sind, fehlt vielfach Orientierung. Wir sind immer mehr auf uns selbst zurückgeworfen. Einen eigenen inneren Kompass zu entwickeln, der „uns auch auf hoher See“ leitet, bedeutet sich auf eine Entdeckungsreise einzulassen. Sind wir dabei noch auf einem guten Weg? Oder schwimmen wir meilenweit im Kreis? Wo endet dieses Meer? Wann ist wieder Land in Sicht?

Der Schwimmer | Acryl a. Lwd | B 160cm x H 200cm zusammengesetzt aus 4 Tafeln je 80x100cm | 2012